Für Hannovers Oberbürgermeister Stefan Schostok war es nach eigenem Bekunden eine große Ehre, dabei sein zu dürfen, denn die Benennung und Eröffnung von Straßen ist ureigene Sache der Stadtbezirke. Für Bezirksbürgermeister Lothar Pollähne war die Teilnahme des Oberbürgermeisters eine wegweisende Angelegenheit, denn die Anna-Zammert-Straße ist als Erschließungsstraße von großer Bedeutung für den Wirtschaftsstandort Südstadt-Bult.

Schostok erinnerte in seinem Grußwort an bedeutende Namensgebungen der vergangenen Jahre und nannte den Bertha-von Suttner-Platz, die Yvonne-Georgi-Allee und die Orli-Wald-Allee, die bezeichnenderweise alle in der Südstadt liegen.

Wie wichtig die Namensgebung genommen wurde, zeigte die Teilnahme der stellvertretenden Bundesvorsitzenden der Industriegewerkschaft Bergbau Chemie Energie (IG BCE), Edeltraud Glänzer, die in ihrem Grußwort die Namensgeberin Anna Zammert würdigte. Zammert, als Anna Rabe am 12. Juli 1898 in Delitzsch geboren, hatte sich aus wahrlich proletarischen Verhältnissen Anfang des vergangenen Jahrhunderts bis in die Spitze des Fabrikarbeiterverbandes hochgearbeitet und der war eine Vorläuferorganisation der heutigen IG BCE.

Edeltraud Glänzer, Stefan Schostok und Lothar Pollähne bei der Enthüllung (Foto: Philipp Lerke)
Edeltraud Glänzer, Stefan Schostok und Lothar Pollähne bei der Enthüllung (Foto: Philipp Lerke)

Edeltraud Glänzer befindet sich damit in einer Traditionslinie von Frauen, die Geschichte geschrieben haben und auch heute Geschichte schreiben. Anna Zammert hat dies in mehrfacher Hinsicht getan: Als erste Frau im Hauptvorstand einer deutschen Gewerkschaft, als SPD-Reichstagsabgeordnete für den Wahlkreis 16 (Südhannover-Braunschweig) und als aufrechte Demokratin, die sich der Nazi-Diktatur entgegenstellte und deswegen verfolgt wurde. Anna Zammert konnte schließlich über Dänemark und Norwegen nach Schweden flüchten, wo sie 1940 nach kurzer Internierung in den Vorstand der Landesleitung der deutschen Gewerkschaften gewählt wurde.

Anna Zammert (Reichstagshandbuch von 1930)
Anna Zammert (Reichstagshandbuch von 1930)

Nach der Zerschlagung Nazi-Deutschlands kehrte Anna Zammert 1946 für ein paar Jahre nach Hannover zurück, engagierte sich bei Arbeiterwohlfahrt und arbeitete kurzzeitig bei der Gewerkschaft Nahrung-Gaststätten-Genuss. „Heimisch“, so Edeltraud Glänzer, „wurde Anna Zammert im neuen, demokratischen Deutschland jedoch nicht.“ 1953 kehrte sie in ihre zweite Heimat nach Schweden zurück, wo sie als Sekretärin im Fabrikarbeiterverband tätig wurde. 1975 zog Anna Zammert zu ihrer Tochter nach Delitzsch in der damaligen DDR. Dort starb sie am 13. Dezember 1982.
lopo

36. Osterfeuer der SPD Südstadt-Bult