Sehr geehrter Herr Pastor Dieter Zinßer,
sehr geehrter Herr Hartmut Schmidt,
liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hilde-Schneider-Hauses,
liebe Bewohnerinnen und Bewohner des Hilde Schneider Hauses,
meine sehr geehrten Damen und Herren

Die Erinnerung an eine Person zu ihrem 100. Geburtstag deutet schon darauf hin, dass es sich um eine besondere Person handeln muss. Und in der Tat: Hilde Schneider war eine besondere Frau mit einer besonderen, sehr wechselvollen Biographie.

Sehr geehrter Herr Pastor Dieter Zinßer,
sehr geehrter Herr Hartmut Schmidt,
liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Hilde-Schneider-Hauses,
liebe Bewohnerinnen und Bewohner des Hilde Schneider Hauses,
meine sehr geehrten Damen und Herren

Die Erinnerung an eine Person zu ihrem 100. Geburtstag deutet schon darauf hin, dass es sich um eine besondere Person handeln muss. Und in der Tat: Hilde Schneider war eine besondere Frau mit einer besonderen, sehr wechselvollen Biographie.

Und dass auch dieses Pflegezentrum ihren Namen trägt, „Hilde-Schneider-Haus“, hängt mit dieser ungewöhnlichen, besonderen Frau zusammen.

Ins Berufsleben startete sie mit einer Ausbildung im hannoverschen Diakonissenhaus der Henriettenstiftung. Im Anschluss wurde sie als Novizin eingeführt. 1938 wurde sie von der Leitung des Henriettenstifts gebeten, das Diakonissenhaus zu verlassen. Sie arbeitete daraufhin im jüdischen Krankenhaus in Hannover und legte dort ihr Krankenschwesterexamen ab.

Hilde Schneider war einer der Menschen, die der staatlichen Willkür und dem nationalsozialistischen Terror zum Opfer fielen. Die gläubige Christin wurde gehetzt und vertrieben aus ihrem Land, weil sie aufgrund der Tatsache, dass drei ihrer Großeltern Juden waren, nach den Rassegesetzen der Nationalsozialisten als Jüdin galt.

Sie hat den Holocaust überlebt, ist nach Hannover zurückgekehrt und hat nach den schlimmen Erfahrungen während der NS-Zeit, nach ihrem Leben im Ghetto in Riga und ihrer Inhaftierung in Konzentrationslagern, einen ganz persönlichen Neuanfang gewagt.

Trotz haftbedingter gesundheitlicher Schäden holte sie ihr Abitur nach, studierte Theologie und wirkte in ihrem Berufsleben als Seelsorgerin für so genannte Randgruppen, zuletzt als Gefängnis-Seelsorgerin.

Aber auch in der Nachkriegszeit fühlte sie sich immer wieder antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt.

Für ihren Beruf - oder sollte ich vielleicht besser: für ihre Berufung sagen – ging Hilde Schneider nach einer Station als Vikarin in Bremerhaven 1959 nach Frankfurt, da zu dieser Zeit in der Landeskirche Hannovers noch keine Frau Pastorin werden konnte.

Dennoch müssen die Jahre in unserer Stadt, bei der Henriettenstiftung nachhaltige Spuren hinterlassen haben. Es war ihr Wunsch, nach ihrem Tod auf dem Salemsfriedhof der Henriettenstiftung in Kirchrode begraben zu werden.

Was können wir von Hilde Schneider lernen? Dass wir uns nicht unterkriegen lassen dürfen, dass wir mutig unseren eigenen Weg gehen müssen.

Es muss auch in unser aller Interesse sein, dass Geschichten, wie diese von Hilde Schneider sichtbar bleiben in einer Gesellschaft, die aktuelle Probleme von Krieg und Flucht mitträgt, und die viele neue Mitmenschen, zumeist aus anderen Kulturen, integrieren möchte.

Gerade in der jetzigen Zeit, wo Religionen durch radikale Kräfte missbraucht werden, eine Zunahme der Fremdenfeindlichkeit mit rechtsradikalen Tendenzen zu beobachten ist, in denen rechtspopulistische Parteien an Auftrieb gewinnen, ist eine stete Erinnerung an die grausamen und menschenverachtenden Verbrechen während der NS-Zeit von großer Bedeutung.

Direkte Berichte durch Zeitzeugen werden leider immer seltener und finden inzwischen zunehmend durch die zweite oder gar dritte Generation statt.

Umso wichtiger ist es an uns zu vermitteln, welche Prozesse der Ausgrenzung und Verfolgung sich in der eigenen Stadt, vor der eigenen Haustür, abgespielt haben.

Aus dieser Nähe entsteht eine eigene Betroffenheit und Verantwortung für die Zukunft. Eine Verantwortung zum Erinnern, aber auch eine Verantwortung zum Wachrütteln.

Und deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist es auch kein Zufall, dass es im Stadtbild neben dem Pflegezentrum „Hilde-Schneider-Haus“ weitere Erinnerungsorte an diese besondere Frau gibt:

Im Oktober 2014 wurde auf Initiative der Städtischen Erinnerungskultur ein Stolperstein mit Hilde Schneiders Namen in der Hinüberstraße 19 verlegt. Dort lebte die Krankenschwester ein Jahr in einem Mägdeheim, bevor sie ins Ghetto Riga deportiert wurde.

Auf Beschluss des Bezirksrats Südstadt-Bult wurde im Januar 2015 die Elkartallee in der Südstadt auf in Hilde-Schneider-Allee umbenannt. Statt eines Täters – Elkart hat als Stadtbaurat in verantwortlicher Weise die sog. Arisierung jüdischen Vermögens betrieben und tausenden von Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern dem Hungertod preisgegeben - trägt die Straße in der Südstadt nun den Namen eines Opfers der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.

Auf diese Weise werden Orte von NS-Verbrechen, aber auch Orte des Gedenkens sichtbar gemacht und ins Stadtbild integriert. Es ist unser Weg von Erinnerungskultur.

Anrede,

Hannover ist eine bunte Stadt ist. Die große Mehrheit der Menschen in Hannover ist offen und tolerant. Mit großer Hilfsbereitschaft hat Hannover im vergangenen Jahr tausende Flüchtlinge aufgenommen.

Aber wir müssen wach bleiben gegen fremdenfeindliche, rassistische oder eben auch antijüdische Tendenzen.

Herzlichen Dank an die DIAKOVERE Altenhilfe Henriettenstift, an das Hilde-Schneider-Haus, dass Sie mit der heutigen Veranstaltung anlässlich des 100. Geburtstages von Hilde Schneider uns die Möglichkeit zum Erinnern, zum Mahnen und zum Nach-Vorne-Schauen geben.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!

Zur Biographie von Hilde Schneider:

  • Die gebürtige Hannoveranerin Hilde Schneider (12.11.1916 bis 24.01.2008) wurde evangelisch getauft und konfirmiert.
  • Mit 17 Jahren begann sie eine Ausbildung im hannoverschen Diakonissenhaus der Henriettenstiftung und wurde 1936 als Novizin eingeführt.
  • 1938 wurde sie von der Leitung des Henriettenstifts gebeten, das Diakonissenhaus zu verlassen. Danach durfte sie im jüdischen Krankenhaus in Hannover arbeiten und legte hier ihr Krankenschwesterexamen ab.
  • Wenig später wurde sie zu Zwangsarbeit verpflichtet und Ende 1941 nach Riga deportiert.
  • Hilde Schneider überlebte Ghetto und Konzentrationslager und kehrte 1945 zurück nach Hannover in die Henriettenstiftung.
  • Sie holte das Abitur nach, um anschließend in Göttingen Theologie zu studieren.
  • Ihr Vikariat machte Hilde Schneider bei der landeskirchlichen Frauenarbeit in Hannover.
  • Anschließend arbeitete sie einige Zeit als Stadtvikarin in Bremerhaven. Da zu dieser Zeit in der Landeskirche Hannovers noch keine Frau Pastorin werden konnte, ging sie 1959 nach Frankfurt/Main und arbeitete dort im Frauengefängnis als erste hauptamtliche Pfarrerin.
  • Zuletzt lebte sie in einem Altenheim im Taunus.
  • Im Januar 2008 stirbt Hilde Schneider und wird auf eigenen Wunsch hin auf dem Salemsfriedhof der Henriettenstiftung in Hannover-Kirchrode begraben.
36. Osterfeuer der SPD Südstadt-Bult