Stadtauswärts führt gleich hinter der Geibelstraße die Devrientstraße von der Hildesheimerstraße bis zur Alten Döhrener Straße. Benannt ist sie seit 1876 nach dem Hofschauspieler Carl Devrient.

Carl Devrient

Carl Devrient

Der Name lässt auf flämische, eventuell hugenottische Herkunft schließen, denn sein Vater Tobias Philipp nutzt noch die überkommene Schreibweise De Vrient, als Carl August am 2. April 1798 in Berlin geboren wird. Tobias Philipp De Vrient ist ein angesehener Seidenhändler und wünscht, dass seine drei Söhne den Kaufmannsberuf erlernen. Dazu kommt es zunächst nicht, denn nach Abschluss des Gymnasiums meldet sich Carl Devrient als Freiwilliger in Colombs Husarenregiment, um gegen Napoleon zu ziehen. 1815 nimmt er als Siebzehnjähriger an der Schlacht bei Waterloo teil und kommt ohne Blessuren davon. Zurückgekehrt versucht Carl Devrient dem Wunsche des Vaters zu entsprechen und übernimmt eher lustlos die Leitung eines Betriebs in Zwickau. Die Liebe zum Theater, genährt durch seinen Onkel, den Schauspieler Ludwig Devrient, ist stärker als die Aussicht auf materielles Wohlergehen.

Ludwig Devrient verschafft seinem Neffen Carl das erste Engagement in der seinerzeit bedeutenden Theaterstadt Braunschweig, wo er am 28. Juli 1819 als Rudenz in Schillers „Wilhelm Tell“ debütiert. Damit beginnt eine über 50 Jahre andauernde Karriere, die Carl Devrient zunächst von Braunschweig in das ungleich mondänere Dresden führt. Dort gibt er den jungen Helden und erobert 1823 das Herz der achtzehnjährigen Opernsängerin Wilhelmine Schröder, von der er sich trotz des 1827 geborenen Sohnes Friedrich, mit dem er in Hannover gemeinsam auf der Bühne stehen wird, schon 1828 wieder scheiden lässt. Auf dem Theater allerdings bleibt er Wilhelmine bis 1834 treu.

Über die Zwischenstationen Paris und Karlsruhe kommt Carl Devrient 1839 als jugendlicher Held und Liebhaber nach Hannover, wo er 33 Jahre lang am Hoftheater spielt; zunächst, obwohl schon über vierzig, als Darsteller junger Heißsporne, später dann auch als Wallenstein oder König Lear. Gerade der Lear trägt ihm nachhaltigen Ruhm ein, denn in der Rolle des schwachen, greisen Königs Lear kann Carl Devrient seine vermeintlichen schauspielerischen Unzulänglichkeiten überspielen. Ein Hannoverscher Kritiker attestiert ihm mangelndes Talent und unzureichenden Fleiß und schreibt: „Seine Darstellungen haben etwas Zerrissenes und Fragmentarisches“ und fügt hinzu: „Selten gelingt es ihm, ein in sich abgeschlossenes, ein in jeder Beziehung ausgemaltes Charakterbild herzustellen“.

Bei dieser Einschätzung dürfte eine gehörige Portion Neid im Spiel gewesen sein, denn Carl Devrient hätte als Hauptdarsteller wohl kaum 33 Jahre auf der Hannoverschen Bühne überlebt, wäre sein Talent tatsächlich so unzureichend gewesen. Carl Devrient, der 1869 die Ehrenbürgerwürde der Stadt Hannover erhält, fällt buchstäblich von den Brettern, die die Welt bedeuten in die Bretterkiste, die für die Reise in eine andere Welt bestimmt ist. Zwei Monate nach seinem letzten Engagement stirbt Carl Devrient am 3. August 1872 während eines Kuraufenthaltes in Bad Lauterberg. Freunde lassen seine Gebeine nach Hannover überführen und auf dem Stadtfriedhof Engesohde bestatten. Das imposante Grab des Carl Devrient, geschmückt mit seinem Porträtmedaillon, ist heute ein städtisches Ehrengrab und allemal einen Besuch wert. Ein Billet, wie zu Lebzeiten des großen Mimen, braucht es dazu heute nicht mehr.

Carl Devrient, Lithographie von Josef Krienhuber, 1829


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