Unmittelbar hinter der Eisenbahnbrücke am Braunschweiger Platz zweigt die Kestnerstraße stadteinwärts rechts von der Marienstraße ab und führt bis zur Eisenbahnbrücke am Ende der Berliner Allee. Da die Straße viele Jahre lang als Abkürzung auf dem Weg in die Innenstadt genutzt wurde, was zur Verärgerung bei vielen Anliegern führte, entschloss sich die Stadtverwaltung vor vielen Jahren, die Kestnerstraße von der Marienstraße abzuhängen. Das hat zu nachhaltiger Verkehrsberuhigung geführt. An der Ecke Kestnerstraße / Stadtstraße befindet sich die Grundschule Kestnerstraße, schräg gegenüber liegt das „Alte Magazin“, in dem das „Kleckstheater“ und die „kammerspiele hannover“ ihr Zuhause haben. Benannt ist die Straße nach Hermann Kestner, der mit seinen Sammlungen den Grundstock für das heutige „Museum August Kestner“ legte.

Hermann Kestner

Am 30. Juli 1810 wird dem Bankiersehepaar Georg und Henriette Kestner (geb. Partz) ein Sohn geboren, der den Namen Hermann erhält. Er ist damit automatisch Mitglied einer der sogenannten „Hübschen Familien“, die Hannovers bürgerliche Oberschicht bilden. „Hübsch“, so deuten es Fachleute, stammt wohl vom plattdeutschen Wort „höpisch“, hochdeutsch höfisch ab. Die Familien sind also bei Hofe gelitten. Erste unter Gleichen ist die Familie Kestner, die, obwohl “hübsch“ bodenständig, von außergewöhnlicher Weltoffenheit geprägt ist. Verwandtschaftliche Beziehungen reichen in den Elsass und in die Schweiz. Hermann Kestner ist bereits als junger Mann Rentier, weil er vom ererbten Vermögen der Eltern leben kann, die wiederum ihre solide finanzielle Basis von Hermanns Großeltern Johann Christian und Charlotte Kestner erhalten hatten. Charlotte Kestner ist mit ihrem Geburtsnamen Buff in die klassische deutsche Literatur eingegangen. Johann Wolfgang Goethe setzte ihr ein literarisches Denkmal in seinem Briefroman „Die Leiden des jungen Werther“, woher auch der Name „Werthers Lotte“ stammt und Thomas Mann verfasste im Exil seinen heiteren Roman „Lotte in Weimar“.

Hermann Kestner befindet sich in illustrer Familenbande und verfügt über exzellente Kontakte, als er 1829 mit dem Studium der Rechtswissenschaften in Göttingen beginnt. 1831 setzt er das Studium in Heidelberg fort; einen entsprechenden Beruf, etwa im Staatsdienst, ergreift er jedoch nicht, weil seine Neigungen nicht dem Staatsdienst zugewandt sind, sondern den schönen Künsten, allen voran die Musik. Kestner betätigt sich als Komponist und verfasst „Lieder der Goethezeit“. Vor allem aber sammelt er Volkslieder und beteiligt sich an der Herausgabe der Werke Georg Friedrich Händels.

1842 gehört Hermann Kestner gemeinsam mit seinem Vater zu den Gründern des Hannoverschen Künstlervereins. Zeitweise führt Hermann Kestner die Geschäfte des Vereins, danach tritt er vor allem als Förderer der Künste auf. 1884 überträgt Kestner gemäß einer testamentarischen Verfügung seines Onkels August dessen Antikensammlung an die Stadt Hannover. Auch seinen Anteil am väterlichen Erbe übereignet Hermann Kestner seiner Heimatstadt. Beide Schenkungen bilden den Grundbestand des heutigen Museum August Kestner, für dessen Bau er 100.000 Reichsmark zur Verfügung stellt. Wegen seiner großen Verdienste verleiht die Stadt Hannover Hermann Kestner am 15. November 1889 die Ehrenbürgerwürde. Hermann Kestner stirbt am 27. Juni 1890 und wird auf dem Stadtfriedhof Engesohde in einem städtischen Ehrengrab beigesetzt.


Hier geht es zurück zur Übersicht

36. Osterfeuer der SPD Südstadt-Bult