Zum Internationalen Frauentag am 8. März 2007 erklärt das Präsidium der SPD:

Im März 1911 riefen Frauen in ganz Europa erstmals zum Internationalen Frauentag auf, um auf ihre politische Situation hinzuweisen und für ihre Rechte zu kämpfen.

Seit dem 19. Jahrhundert hat die SPD gleiche Rechte für Frauen verlangt und sie schrittweise verwirklicht. Das Frauenwahlrecht, der Gleichberechtigungsartikel des Grundgesetzes, die Reform des Ehe- und Familienrechts wurden von der SPD durchgesetzt.

Trotz formal gleicher Rechte ist auch im 21. Jahrhundert die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern immer noch nicht erreicht:

Die Frauenerwerbstätigenquote lag in Deutschland Ende 2005 bei 59,6 Prozent. Noch immer ist die Maxime "Gleicher Lohn für gleiche und gleichwertige Arbeit" nicht umgesetzt. So lag beispielsweise Ende 2005 der Durchschnittsverdienst einer Arbeitnehmerin im produzierenden Gewerbe / Handel / Kredit- und Versicherungsgewerbe pro Monat um mehr als 20 Prozent unter dem ihres männlichen Kollegen.

Frauen tragen selbst in den Berufen, in denen sie besonders stark vertreten sind, ein hohes Risiko, von Niedriglohn betroffen zu sein. Selbst bei Vollzeitbeschäftigung sind mehr als 30 Prozent der Frauen von Niedriglohn betroffen, der Frauenanteil unter allen Niedriglohnbeschäftigten liegt bei fast 70 Prozent. 43 Prozent der erwerbstätigen Frauen verdienen weniger als 900 Euro.

Auch das Berufs- und Studienfachwahlverhalten von Frauen trägt zu Ungleichheiten bei. Mädchen und junge Frauen haben zwar die besseren Schulabschlüsse, aber Schulabgängerinnen und Studienanfängerinnen konzentrieren sich auf ein enges Spektrum von Ausbildungsberufen und Studienfächern, die häufiger mit geringerem Einkommen und schlechteren Aufstiegsmöglichkeiten und Karrierechancen einhergehen. Im Laufe ihres Berufslebens geraten Frauen selten an die Spitze. Eine Ursache liegt auch in der fehlenden Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Mütter.

Noch immer ist eine partnerschaftliche Teilung der Erwerbs- und Familienarbeit zwischen Müttern und Vätern nicht selbstverständlich - erste Erfahrungen mit dem neuen Elterngeld sind abzuwarten.

Wegen der unterbrochenen Erwerbsbiografien sind die Möglichkeiten für Frauen, eine eigenständige Altersversorgung aufzubauen, deutlich eingeschränkt. Der durchschnittliche Zahlbetrag für Frauen, die eine Versichertenrente bezogen, lag Ende 2005 in den alten Ländern bei 423 Euro (Männer 793 Euro) und in den neuen Ländern bei 655 Euro (Männer 840 Euro), wobei Frauen in den alten Ländern knapp 25 Versicherungsjahre aufweisen konnten, in den neuen Ländern gut 41 Versicherungsjahre.

Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten diskutieren in diesem Jahr intensiv über unser neues Grundsatzprogramm. Die Gleichstellung von Frauen und Männern gehört zu den Grundprinzipien und den Zielen der Sozialdemokratie in Deutschland. Deshalb bleibt der Einsatz für eine geschlechtergerechte Welt eine der zentralen Herausforderungen für die SPD. Dazu hat sich die Partei in ihrem Bremer Entwurf bekannt. Ganz zu Recht erwarten die Frauen im Land, dass im neuen Grundsatzprogramm der SPD die Weichen für eine moderne, zielgerichtete und umfassende Gleichstellungspolitik gestellt werden.

Wir wollen, dass überkommene Rollenmuster und die bisherige Trennung in typische Männer- und Frauenberufe überwunden werden. Mädchen und Frauen müssen in gleicher Weise wie Männer an technische und naturwissenschaftliche Berufsfelder herangeführt werden.

Das Leitbild unserer Sozialpolitik für das 21. Jahrhundert, der Vorsorgende Sozialstaat, fördert Existenz sichernde Erwerbsarbeit, verhindert Armut und begünstigt eine höhere Erwerbsquote von Frauen.

Erwerbstätigkeit ohne Existenz sicherndes Einkommen für Frauen verfestigt die Rollenfestlegung und verhindert die Gleichstellung - bis ins Alter. Voraussetzung für eine eigenständige Alterssicherung der Frauen sind eine möglichst durchgehende Erwerbstätigkeit mit Existenz sicherndem Einkommen sowie die Gleichstellung von Männern und Frauen bei Berufszugang und beruflichen Aufstieg. Hierfür sind verbindliche Zielvorgaben für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen an Führungspositionen in Unternehmen, Verwaltung, Wissenschaft und Forschung sowie Aufsichtsgremien erforderlich.

Gleiche Arbeit muss gleich entlohnt werden - das gilt besonders für die Arbeit von Frauen. Um in Würde zu arbeiten, bedarf es auch fairer Arbeitsbedingungen und effektiven Schutzes vor Diskriminierung und sexueller Belästigung.

Unsere Gesellschaft muss das partnerschaftliche Leitbild der gemeinsamen Familienarbeit und gleichzeitiger Berufstätigkeit für Mütter und Väter ermöglichen. Auch elternfreundliche Arbeitszeiten und verlässliche pädagogische hochwertige Ganztagsangebote für Kinder aller Altersstufen sind hierfür Voraussetzungen.

Freiheit, Gerechtigkeit und Solidarität - unsere Grundwerte - bedeuten in diesem Sinne: Es gibt keine Freiheit und Gleichheit, die Frauen ausschließt. Gerechtigkeit muss nicht nur immer wieder und in jeder Lebensphase Chancengleichheit für beide Geschlechter herstellen, sondern auch zu einer Gleichstellung in allen gesellschaftlichen Bereichen führen. Ohne Solidarität zwischen den Geschlechtern wird es keine Solidarität in der Gesellschaft geben.

Die SPD steht für eine moderne Gleichstellungspolitik im 21. Jahrhundert. Das neue SPD-Programm muss den Lebensentwürfen von Frauen und Männern mit veränderten Vorstellungen von Beruf und Familie gerecht werden.

Die Programmdebatte - ernst und sensibel geführt - wird Frauen gewinnen, die sich mit uns engagieren und für die Gleichstellung der Geschlechter eintreten wollen.

36. Osterfeuer der SPD Südstadt-Bult