Hier liegt begraben Orli Wald, die Kämpferin für Einigkeit und Recht und Freiheit. Als sie starb an den Folgen der Nazi-Torturen, lebten viele Täter noch und verzehrten ihre Pensionen. Dies im Sinne Bertolt Brechts als Mahnung, denn wir wissen aus unserer Geschichte, dass der Schoß, aus dem das kroch, immer noch fruchtbar ist. Und wir wissen aus vielen Berichten und aus den Aufzeichnungen Orli Walds, dass auch einfache, scheinbar harmlose Menschen zu den schlimmsten Gräueltaten fähig sind, wenn man sie von Staats wegen gewähren lässt.

Einigkeit und Recht und Freiheit, das ist der eine Teil des deutschen demokratischen Versprechens, so wie ihn der Patriot und Demokrat Heinrich Hoffman von Fallersleben den Deutschen zur Staatswerdung vorgegeben hat. Die Nazis haben aus seiner Hymne „Deutschland über alles“ gesetzt. Menschen wie Orli Wald wussten sehr früh, was das zu bedeuten hatte. Deswegen haben sie auf die Einigkeit aller Antifaschisten gepocht, haben das Recht hochgehalten, die Meinung frei äußern zu dürfen, auch wenn sie nicht immer bequem war, und die Freiheit verteidigt, auch als sie selbst schon der Freiheit beraubt waren.

Rosa Luxemburg, „die Vorkämpferin deutscher Arbeiter, getötet im Auftrag deutscher Unterdrücker“, hat in Anlehnung an Voltaire einen Satz geprägt, der auch nach fast 100 Jahren nichts von seiner Gültigkeit verloren hat: „Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden“. Die Freiheit zu foltern, zu morden und zu unterdrücken hat Rosa Luxemburg damit nicht gemeint, sondern die Freiheit, auf dem Wege zu „Einigkeit und Recht und Freiheit“ auch Irrwege gehen dürfen.

Das hatten manche vergessen, die in der Weimarer Zeit immer wieder Debatten über korrekte Linien anzettelten, die für zu viele zur Richtschnur im doppelten Sinne wurden. Solcherlei hat vor 75 Jahre endgültig jegliche Berechtigung verloren. In den Konzentrationslagern der Nazis galt ohnehin nur noch eine Richt-Schnur.

Orli Wald hat auf ihrem Weg durch die Gefängnisse und Konzentrationslager der Nazis erleiden müssen, was Solidarität bedeutet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie in Ravensbrück und Auschwitz selbstlos tätig gewesen ist. Sie wollte leben und sie wollte, daß möglichst viele ihrer Leidensgenossinnen leben. Dafür hat sie sich eingesetzt, und deswegen ist sie zum „Engel von Auschwitz“ geworden.

Engel zu ehren ist ein wenig schwierig. Ich möchte an diesem 8. März 2008 die Widerstandskämpferin Orli Wald ehren, eine Frau, auf die Hannover stolz sein kann, eine Frau, die für Einigkeit und Recht und Freiheit stand und für ein gutes Deutschland. Den anderen Teil des deutschen demokratischen Versprechens hat Bertolt Brecht in seiner Kinderhymne bestechend einfach ausgedrückt:

Anmut spare nicht noch Mühe Leidenschaft nicht noch Verstand Daß ein gutes Deutschland blühe Wie ein andres gutes Land.

36. Osterfeuer der SPD Südstadt-Bult