Das Präsidium der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands hat in seiner heutigen Sitzung folgenden Beschluss gefasst:

Aktionsplan für gleiche Lebenschancen: 10 Maßnahmen der SPD gegen Kinderarmut

Deutschland ist eines der reichsten Länder der Erde. Noch nie war unser Wohlstand so groß wie heute. Die große Mehrzahl der Kinder hat sehr gute Chancen, sich gesund und mit guter Bildung zu entwickeln. Dies ist gut, denn Kinder sind unsere Zukunft und das Fundament unserer Gesellschaft. Mit Sorge müssen wir allerdings feststellen, dass die Chancen eines Kindes auf Bildung, gesunde Entwicklung, Teilhabe und Selbstbestimmung immer noch stark von der sozialen Herkunft abhängen. Das wollen wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ändern. Unser Ziel sind gleiche und gute Lebensbedingungen für alle Kinder. Wir treten ein für Aufstieg und Gerechtigkeit. Wir wollen eine Gesellschaft gleicher Chancen - unabhängig von der sozialen Herkunft.

Der SPD-Parteivorstand hat daher eine Kommission unter Leitung von Wolfgang Jüttner mit dem Ziel eingesetzt, ein sozialdemokratisches Konzept zur Verbesserung der Lebenschancen aller Kinder und zur Bekämpfung von Kinderarmut zu entwickeln. Der Anfang Januar von Wolfgang Jüttner vorgelegte Zwischenbericht hat deutlich gemacht, dass Kinderarmut viele Dimensionen hat. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten verstehen Armut nicht nur als Einkommensarmut. Wir verstehen Armut umfassender als Mangel von Teilhabe z.B. an Bildung, an materiellen Gütern, an sozialen Kontakten oder an einer guten gesundheitlichen Entwicklung. Die Ausprägungen von Armut bedingen sich jedoch oft wechselseitig. Um Armut nachhaltig zu bekämpfen reicht es nicht allein, soziale Transfers zu erhöhen. Wir müssen vielmehr an den vielschichtigen Ursachen ansetzen. Wichtig ist dabei der Befund: Arme Kinder leben in armen Familien. Und Familien sind arm, wenn und weil die Eltern keine oder schlecht bezahlte Arbeit haben. Die Diskussion über die richtigen Wege zur Vermeidung von Armut hat mit dem Dritten Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung neue Fahrt aufgenommen. Der Bericht zeigt, dass Kinder häufig armutsgefährdet sind. Er zeigt ebenso, dass unser Sozialstaat wirkt und wir schon eine Menge erreicht haben: 34 Prozent aller Kinder wären ohne den Sozialstaat armutsgefährdet. Durch soziale Leistungen wird das Armutsrisiko bei Kindern um zwei Drittel auf 12 Prozent gesenkt.

Die zentralen Konsequenzen aus dem Bericht heißen für uns: • Der Sozialstaat wirkt. Wer etwas gegen Kinderarmut tun will, muss den Sozialstaat stärken und soziale Leistungen weiterentwickeln und verbessern. • Gute Arbeit verhindert Armut, denn die beste Prävention ist es, Eltern in Arbeit zu bringen, damit sie die Existenz Ihrer Familien eigenständig sichern können. Wir müssen alles dafür tun, um fair entlohnte Arbeit und Existenz sichernde Arbeit für Männer und Frauen zu schaffen - dazu gehören in erster Linie Mindestlöhne und sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnisse. Dazu gehören auch Maßnahmen, um die Frauenerwerbsquote zu steigern und Alleinerziehenden den Zugang zu Existenz sichernder Arbeit zu ermöglichen. • Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf hat Priorität in der Familienpolitik. Kinderbetreuungsmöglichkeiten und Ganztagsschulen führen ebenso wie familiengerechte Arbeitszeiten dazu, dass gerade Alleinerziehende, die besonders armutsgefährdet sind, arbeiten und so ihr Armutsrisiko erheblich verringern können. • Wir stellen fest, dass vermeidbare chronische Erkrankungen bei Kindern zunehmen. Besonders Kinder aus sozial schwachen Familien sowie aus solchen mit Migrationshintergrund haben deutlich schlechtere Gesundheitschancen. Diese Kinder sind häufiger krank und weniger leistungsfähig in der Schule. Sie starten mit deutlich schlechteren Bedingungen ins Leben. • Bildung und Berufsausbildung sind Voraussetzungen zur Armutsvermeidung. Deshalb werden wir alles tun, dass jedes Kind die gleichen Bildungschancen hat. Wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Bund, in den Ländern und Kommunen haben bereits zahlreiche Weichen richtig gestellt, um Kindern gleiche Lebenschancen zu ermöglichen. Jahrzehntelang wurde in Deutschland eine einseitige Familienpolitik gemacht, die im Wesentlichen auf finanzielle Unterstützung für Familien setzte, die Alleinverdiener-Ehe im Blick hatte und die traditionellen Rollenmuster fortschrieb. Mit unserer Regierungsübernahme 1998 haben wir die Familienpolitik von alten Zöpfen befreit und modernisiert. Politik für Kinder und Familien zu modernisieren, heißt vor allem mehr Angebote für Kinder und Eltern zu schaffen. Deshalb haben wir schon in den vergangenen Legislaturperioden einen Paradigmenwechsel in der Familien- und Bildungspolitik eingeleitet und in der Großen Koalition gegen Widerstände der Union fortgesetzt: • Wir waren es, die die finanziellen Hilfen zielgerichtet ausgebaut haben: Wir haben Familien ein solides finanzielles Fundament verschafft unter anderem durch dreifache Kindergelderhöhung, Senkung der Einkommensteuerbelastung, den Entlastungsbetrag für Alleinerziehende, die steuerliche Berücksichtigung erwerbsbedingter Betreuungskosten für Familien, die Einführung und weitere Verbesserung des Kinderzuschlags und natürlich durch das von uns entwickelte Elterngeld. • Wir haben die Kinderbetreuung ausgebaut und verbessert durch das Tagesbetreuungsausbaugesetz, die Verdreifachung der Plätze für Unterdreijährige, den Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für jedes Kind ab dem ersten Geburtstag, eine kräftige und dauerhafte finanzielle Beteiligung des Bundes an den Kosten für den Ausbau der Kinderbetreuung und durch die Verbesserung der Betreuungsqualität in sozialdemokratisch regierten Ländern durch Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten für Erzieherinnen und Erzieher. • Wir haben für Schulkinder in Bildung investiert. Mit dem vier Milliarden Euro umfassenden Investitionsprogramm „Zukunft Bildung und Betreuung“ haben wir einen Paradigmenwechsel in der Bildungspolitik eingeleitet. Wir haben für deutlich mehr Ganztagsschulen gesorgt und in den sozialdemokratisch regierten Bundesländern begonnen, die Gebührenfreiheit für den gesamten Bildungsweg einzuführen. In Berlin ist das letzte Kindertagesstätten-Jahr gebührenfrei, Rheinland-Pfalz hat als erstes Land für den kompletten Kindertagesstättenbesuch Gebührenfreiheit beschlossen. Für Hochschulen gilt: In keinem sozialdemokratisch regierten Land werden wir den Studierenden Studiengebühren für das Erststudium abverlangen. Wir haben zudem für eine kräftige Anhebung des BAföG um 10 Prozent ab dem Wintersemester 2008 gesorgt. • Wir haben durch unsere Reformen am Arbeitsmarkt und neue Maßnahmen wie den Ausbildungsbonus die Beschäftigung und die Ausbildungsbereitschaft erhöht. Erwerbstätigkeit der Eltern in Guter Arbeit ist der beste Schutz gegen Kinderarmut. Denn dort, wo Eltern arbeiten, sinkt das Armutsrisiko von 48 Prozent auf unter 8 Prozent. Trotz der Erfolge zeigt der Dritte Armuts- und Reichtumsbericht auch neue Herausforderungen auf: • Vielen Eltern, gerade in Familien aus der Mitte unserer Gesellschaft, fällt es bei stagnierenden Einkommen angesichts steigender Preise für Lebensmittel und Energie schwer, den Lebensunterhalt zu sichern. • Die Ausweitung des Niedriglohnsektors führt auch bei Vollzeiterwerbstätigkeit zu wachsenden Armutsrisiken trotz Arbeit. • Alleinerziehende mit ihren Kindern tragen mittlerweile das höchste Armutsrisiko. Wir werden bei der Bekämpfung von Kinderarmut nur vorankommen, wenn wir die Problemlagen dieser Gruppe besonders in den Fokus nehmen und die Beschäftigungschancen durch bessere Betreuungsangebote für Kinder erhöhen. • Familien mit Migrationshintergrund haben ein zunehmend steigendes Armutsrisiko. Hier entsteht gerade in Großstädten ein enormes gesellschaftliches und soziales Spaltungspotenzial, gegen das wir heute angehen müssen. • Bildung und gesellschaftliche Teilhabe sowie Verwirklichungschancen von Kindern hängen immer noch zu sehr vom sozialen Status der Eltern ab. • Die Zunahme von gesundheitlichen Fehlentwicklungen gerade bei Kindern in armutsgefährdeten und bildungsfernen Familien ist besorgniserregend. • Vor diesem Hintergrund gilt es Eltern und Kinder zu befähigen, die Armutsrisiken zu bewältigen. Um Kinderarmut wirksam zu bekämpfen und allen Kindern gleiche Lebenschancen zu ermöglichen, brauchen wir ein in allen Politikbereichen abgestimmtes Gesamtkonzept und ein gemeinsames Vorgehen von Bund, Ländern und Gemeinden. Hierzu haben wir uns heute in Berlin zusammengefunden. 10 Maßnahmen der SPD gegen Kinderarmut Mit den nachfolgenden 10 Handlungsansätzen verpflichten wir uns, auf allen staatlichen Ebenen konkrete Schritte zur Vermeidung von Kinderarmut zu unternehmen. Dabei beenden wir die oft vorherrschende Praxis, dass Probleme zwischen den politischen Handlungsebenen verschoben und nicht gelöst werden. Jede Ebene muss den ihr möglichen und sinnvollen Beitrag im Kampf gegen Kinderarmut leisten. Dazu verständigen sich Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten aus Kommunen, Ländern und Bund auf die nachfolgende Aufgabenverantwortung.

Unsere Schritte gegen Kinderarmut in Kommunen

1. Wir schaffen flächendeckend Netzwerke für gesundes Aufwachsen! Eltern wollen das Beste für Ihre Kinder. Deshalb müssen Familien, die durch besondere Risiken belastet sind, früh unterstützt werden. So kann erreicht werden, dass aus den Anforderungen, ein Kind zu versorgen, keine Überforderung wird. Wir werden dazu die Jugendämter zu Dienstleistern weiterentwickeln, die Eltern unterstützen, begleiten und ihnen als Partner zur Seite stehen. Dazu werden wir bei den Jugendämtern die angemessenen finanziellen und personellen Voraussetzungen schaffen, damit sie ihren gesetzlichen Auftrag erfüllen können. Wir werden außerdem in allen Städten und Gemeinden, in denen wir Verantwortung tragen, Modelle für eine integrierte Prävention entwickeln. Kindern kann besser geholfen werden, wenn Kommunen es schaffen, Vernetzungsstrukturen zwischen den wichtigsten Bereichen, die für frühe Hilfen und frühe Bildung zuständig sind, zu organisieren. Dies sind insbesondere Einrichtungen der Jugendhilfe, des Gesundheitswesens, der Bildung, aus dem bürgerschaftlichen Engagement, von Polizei und Justiz sowie die Wohlfahrtsverbände, die Sportvereine und die Kirchen. Es gilt, Verantwortliche an einen Tisch zu holen, gemeinsame Problemanalysen zu erstellen, Lösungsansätze zu definieren und Kommunikationsstrukturen aufzubauen, um schnell, effektiv und abgestimmt bei Problemlagen eingreifen zu können. In manchen Kommunen funktionieren diese Netzwerke bereits sehr gut - hier können Kommunen voneinander lernen. Die Länder unterstützen und fördern die Kommunen in der Ausbildung lokaler Netzwerke und Präventionsketten früher Hilfen. Sie schaffen durch gesetzliche Vorgaben Rahmenbedingungen, damit die Vernetzung der Angebote systematisch und in der Fläche gelingt. Gebraucht wird die Entwicklung der Regelstrukturen, die auf Prävention und Förderung setzen. Interventionen zum Schutz des Kindeswohls gelingen nur, wenn unterstützende und begleitende Angebote vorhanden sind, die Eltern befähigen, Risiken und Krisen zu meistern, und die Kinder, deren Wohl bedroht und gefährdet ist, auffangen, annehmen und ermutigen, die schwierigen Situationen zu meistern. 2. Wir wollen für alle Kinder ein gesundes Mittagessen bereitstellen! Die SPD strebt an, in Kommunen, in denen sie politische Verantwortung hat, allen Kindern ein Mittagessen zur Verfügung zu stellen. Für Kinder aus sozial schwachen Familien soll dies zunächst ermäßigt und in der Perspektive kostenlos sein. Heute ist es leider keine Selbstverständlichkeit, dass allen Kindern ein gutes, warmes Mittagessen garantiert werden kann. Selbst an Ganztagsschulen scheitert dies bei manchen Eltern aus Geldmangel. Eine gesunde Ernährung ist die Voraussetzung für eine gesunde Entwicklung. In Ganztagsschulen ist das gemeinsame Mittagessen ein integraler Bestandteil des Schulalltags. Der Ausschluss davon hat für die Betroffenen neben gesundheitlichen auch eine soziale Problemdimension. Dieses Ziel ist flächendeckend nicht von heute auf morgen erreichbar. Wir können aber dort, wo wir als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten die politische Verantwortung in den Kommunen tragen, heute die politische Initiative ergreifen, um dieses Ziel zu erreichen. Als ersten Schritt in diese Richtung müssen die Kommunen die nötige Infrastruktur für eine flächendeckende Mittagessenversorgung schaffen. Am besten gelingt dies in Ganztagsschulen. Auch aus diesem Grund treten wir für den weiteren Ausbau der Ganztagsschulen ein. Kommunen müssen vor Ort entscheiden, wie sie von Armut betroffene Kinder von der Eigenbeteiligung beim Mittagessen schrittweise befreien. Wenngleich wir wissen, dass Kommunen unterschiedliche Probleme und daher unterschiedliche Lösungsansätze verfolgen müssen, sollte der Weg, den die Kommunen und das Land in Rheinland-Pfalz gegangen sind, vorbildhafte Funktion haben. Da in manchen Kommunen mehr armutsgefährdete Familien leben, als in anderen, hat Rheinland-Pfalz zum Beispiel einen Sozialfonds eingeführt, aus dem Kommunen zur Mittagessenverpflegung pauschal Mittel für jedes Kind erhalten, das in einer Bedarfsgemeinschaft nach SGB II lebt, beziehungsweise Sozialgeld bezieht. Somit kann der Eigenanteil auf einen Euro pro Essen gesenkt werden. Etliche Kommunen auch außerhalb von Rheinland-Pfalz verfahren ähnlich, auch hier ist der Eigenanteil je Mahlzeit subventioniert. 3. Wir bauen Kindertagesstätten zu Eltern-Kind-Zentren aus! Die bereits bestehenden Eltern-Kind-Zentren arbeiten sehr erfolgreich. In Eltern-Kind-Zentren werden nicht nur Kinder gefördert und bekommen bessere Bildungschancen. Auch die Erziehungs- und Problemlösungskompetenz der Eltern kann in Zusammenarbeit mit den Familien auf Augenhöhe verbessert werden. Dies ist ein wichtiger Schritt beim nachhaltigen Kampf gegen Kinderarmut, besonders in sozialen Brennpunkten und dort, wo z.B. durch Migrationshintergrund sprachliche Barrieren bestehen. Elternarbeit und Erziehungsarbeit in den Kindertagesstätten und Schulen muss verknüpft werden. Eltern-Kind-Zentren sind frühpädagogische Einrichtungen, die Kindern einen guten Start ermöglichen sollen. Entscheidend ist die Einbeziehung der Eltern, ihnen werden differenzierte und niedrigschwellige Hilfen und Unterstützung angeboten. Aus einem Angebot von Sprachkursen, Erziehungsberatung, Suchthilfe, Schuldnerberatung bis hin zu Haushalts- und Kochkursen steht allen Müttern und Vätern eine passgenaue und wirkungsvolle Unterstützung zur Verfügung.

Unsere Schritte gegen Kinderarmut in den Ländern 4. Wir verbessern die Betreuungsqualität! Damit wir beim quantitativen Ausbau der ganztägigen Kinderbetreuung weiter vorankommen, werden sozialdemokratisch regierte Länder die dazu erhaltenen Bundesmittel weiter unverzüglich und vollständig an die Kommunen weiterreichen und um ihren eigenen Länderanteil aufstocken. Dabei ist klar, dass Geld, das durch die demografische Entwicklung eingespart werden könnte, nicht für andere Zwecke verwandt wird, sondern dem qualitativen Ausbau der Betreuung weiter zur Verfügung steht. Daneben steht die Verbesserung der Betreuungsqualität auf unserer Tagesordnung ganz oben. Betreuung, Erziehung und Bildung gehören für uns zusammen. Über die reine Betreuung hinaus soll die Bildung im frühkindlichen Bereich stärker betont werden. Nur durch einen frühen und umfassenden Bildungsansatz können wir bessere Zukunftschancen für alle Kinder schaffen. Mit einer Reihe von Maßnahmen werden wir einen Qualitätsschub in Kindertagesstätten und der Tagespflege auslösen. Wir werden • für qualifiziertere Aus- und Weiterbildungen für Erzieherinnen und Erzieher sorgen, auch unter Einbeziehung des Meister-BAföG. Akademische Ausbildungen - gerade im Leitungsbereich von Betreuungseinrichtungen - könne auch ein viel versprechender Ansatz sein. Sie müssen auch für ausgebildete Erzieherinnen und Erzieher offen sein. • uns auf gemeinsame Bildungsstandards verständigen und insbesondere das Qualifizierungsangebot im Bereich Spracherwerb von Kindern ausbauen, denn vor allem Kinder mit Migrationshintergrund haben deutliche Nachteile, weil sie sich nicht genügend auf Deutsch verständigen können. Geschultes Personal in den Kindertagesstätten kann dem gezielt entgegenwirken. • Tagesmütter und Tagesväter besser qualifizieren. Hierzu werden wir verbindliche Qualifizierungsprogramme und bessere Weiterbildungsmöglichkeiten einführen und dabei eine bessere Entlohnung und soziale Absicherung in der Tagespflege ermöglichen. Ganz besonders wichtig ist uns ein besserer Betreuungsschlüssel. Denn der erlaubt, jedes Kind individuell zu fördern, Talente zu entdecken und Startschwierigkeiten auszugleichen. Mit mehr und besser ausgebildeten Erzieherinnen und Erziehern und kleineren Gruppen können wir bei den Bildungschancen einen Quantensprung machen! Dafür werden sozialdemokratisch regierten Länder sorgen. Unser Ziel ist: höchstens vier Kinder je Erziehungsperson bei den Unterdreijährigen und höchstens acht Kinder pro Erziehungsperson im Kindertagesstättenbereich. 5. Wir garantieren gebührenfreie Bildung von der Kindertagesstätte bis einschließlich zur Hochschule! Für uns ist und bleibt selbstverständlich: Bildung darf nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen. Bildung muss gebührenfrei sein, und zwar von der Kindertagesstätte bis einschließlich zur Hochschule. Deshalb wird es mit uns auch weiterhin keine Studiengebühren für das Erststudium geben. Und auch die Einführung der Gebührenfreiheit für den Kindertagesstätten-Besuch ist der richtige Schritt. Deshalb werden alle sozialdemokratisch regierten Länder schrittweise weiter für den kostenfreien Besuch von Kindertageseinrichtungen sorgen. Die soziale Staffelung der Gebühren ist ein richtiger Zwischenschritt in diese Richtung. Damit gerade Kinder aus benachteiligten Familien frühen Zugang zu Förderung und Bildung in Kindertagesstätten bekommen, werden wir unsere Initiativen für Gebührenfreiheit flankieren mit weiteren Maßnahmen zum Abbau von Zugangsbarrieren.

6. Wir werden gleiche Bildungschancen schaffen! Selbstverständlich werden wir in den von uns regierten Ländern Ganztagsschulen weiter flächendeckend und bedarfsgerecht ausbauen. Unser Ziel im Herbst dieses Jahres ist es, konkrete Zielmarken für den quantitativen wie qualitativen Ausbau der Ganztagsschulen zu vereinbaren! Zu besseren Bildungschancen gehört für uns das gemeinsame Lernen von Kindern mit und ohne Behinderungen von Anfang an und auch das längere gemeinsame Lernen. Die internationalen Vergleichsstudien beweisen, dass von längerem gemeinsamem Lernen alle Kinder profitieren. Um Chancengleichheit in der Bildung für alle Schülerinnen und Schülern zu erreichen, werden Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten sich in ihren Ländern dafür einsetzen, weitgehende Lernmittelfreiheit zu gewährleisten. Lernmittel umfassen für uns vor allem Schulbücher und andere Materialien, die für den Unterricht durch den Lehrplan vorgesehen sind. Lernmittel umfassen nicht die Ausstattung des persönlichen Bedarfs der Schülerinnen und Schüler, wie sie durch das Schulmittelbedarfspaket des Bundes abgedeckt werden. Chancengleichheit heißt auch: Jede und jeder verdient eine zweite Chance. Kein Schulabbrecher soll dauerhaft ohne Schulabschluss bleiben. Denn die Teilhabechancen von Menschen ohne Bildungsabschluss sind heute schon schlecht und werden sich aufgrund zunehmender Qualifikationsanforderungen weiter verschlechtern. Deshalb müssen wir zweite und dritte Chancen zur nachholenden Qualifizierung schaffen. Wir begrüßen, dass das BMAS dazu als ersten Schritt einen Rechtsanspruch auf den nachträglichen Erwerb eines grundlegenden Schulabschlusses schaffen will, der durch Mittel der Bundesagentur für Arbeit gefördert wird. Wir wollen alle an der Bildung von Kindern und Jugendlichen beteiligten Bereiche besser miteinander vernetzen und Bildung besser organisieren. Dazu gehört, dass wir Angebote und Leistungen der Jugendhilfe, der Vereine und Verbände direkt in die Arbeit der Kindertagesstätten, Schulen und anderer Bildungseinrichtungen einbinden. Damit jedes Kind nach seinem individuellen Vermögen gefördert werden kann, müssen wir aber auch die Bildungsabschnitte selbst stärker miteinander verbinden. Innerhalb einer geschlossenen Bildungskette werden wir für mehr Durchlässigkeit sorgen. Unsere konkreten Schritte gegen Kinderarmut in der Bundespolitik!

7. Wir wollen den Familienleistungsausgleich gerechter gestalten und mehr Mittel gezielt für Familien mit Kindern investieren! Unser Ziel für die Umgestaltung des Familienleistungsausgleichs ist eindeutig: Jedes Kind muss dem Staat gleich viel wert sein. Der derzeit praktizierte Familienleistungsausgleich erfüllt dieses Ziel nicht. Das liegt an seiner Ausgestaltung, die in wesentlichen Teilen von der bisherigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts befördert wurde. Bei dieser werden einseitig reichere Familien bevorteilt: Ehepaare mit einem Kind und einem Einkommen oberhalb von ca. 62.800 € erhalten durch die dann immer stärker entlastenden Kinderfreibeträge absolut mehr als Familien mit geringem Einkommen, für die das Kindergeld von 154 € günstiger ist. Niedrige Einkommen werden durch die geltenden Kinderfreibeträge also weniger entlastet als durch das Kindergeld. Spitzenverdiener hingegen profitieren von der Kinderfreibeträgen mit einer monatlichen Wirkung von bis zu 230 €. Wir wollen den Familienleistungsausgleich daher so umgestalten, dass die Wirkung seiner Komponenten für alle Familien gleich ist - egal, ob sie mehr oder weniger Einkommen haben. Um das zu erreichen, streben wir die Umgestaltung der Freibeträge in einer Weise an, die alle Kinder gleich fördert. Die Freibeträge sollten künftig ab dem ersten Euro Wirkung entfalten und nicht erst für Spitzenverdienerinnen und -verdiener. Die SPD will eine Verbesserung der Leistungen für Kinder. Über deren Höhe und Ausgestaltung wird im Lichte des Existenzminimumberichtes entschieden. Mit dem im Herbst fertig gestellten Existenzminimumbericht werden die konkreten Daten für das in jedem Fall steuerfrei zu stellende Existenzminimum vorliegen. Wir werden nach der Veröffentlichung des Berichts einen konkreten Vorschlag für die Ausgestaltung eines solchen solidarischen und gerechten Familienleistungsausgleichs vorlegen. 8. Wir leiten die Regelsätze stärker vom Bedarf ab und werden den Schulmittelbedarf besser abdecken. Die grundlegende Reform des Sozialhilferechts hat die bis Ende 2004 geltende Unterteilung der Hilfe zum Lebensunterhalt in laufende und einmalige Leistungen aufgegeben. Die Regelsätze des SGB II und SGB XII sind im Vergleich zu den früheren laufenden Leistungen angehoben worden, da sie nun pauschal den gesamten Bedarf für den notwendigen Lebensunterhalt mit eng eingegrenzten Ausnahmen erfassen. Die Ableitung der Regelleistung für Kinder als reiner Anteil des Erwachsenenregelsatzes ist hierbei allerdings problematisch, da durch diese Vorgehensweise der kinderspezifische Bedarf zu wenig abdeckt sein kann. Wir unterstützen daher die Bemühungen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, die Ermittlung eines eigenständigen Kinderregelsatzes zu prüfen. Hierbei sollte eine stärkere Differenzierung nach Altersstufen einbezogen werden. Besonders dringend ist die bessere Abdeckung des Schulmittelbedarfs. Die von Schülerinnen und Schüler für den regulären Unterricht typischerweise geforderte Ausstattung mit Schulmaterialien, wie Schulranzen und Schreibmaterialien, übersteigt häufig den im pauschalisierten Regelsatz vorgesehenen Betrag. Wir treten daher für ein Schulmittelbedarfspaket für bedürftige Kinder ein, das pro Schuljahr in der Größenordnung von 100 Euro finanziert wird. Auf diese Weise können wir verhindern, dass Schülerinnen und Schüler ihre Bildungschancen allein wegen geringer Einkommen der Eltern nicht wahrnehmen können. Für eine stärkere Bedarfsorientierung ist es zudem unerlässlich, dass die Überprüfung der Regelsätze auf Basis repräsentativer Daten zur Einkommens- und Verbrauchsentwicklung in kürzeren Abständen vorgenommen wird. Eine bedarfsgerechtere Gestaltung der Regelsätze ersetzt aber nicht das wirksamste Mittel zur Bekämpfung von Kinderarmut: das Armutsrisiko wird dort deutlich reduziert, wo beide Eltern erwerbstätig sein können und einen Lohn beziehen, von dem sie gut leben können. Kinderarmut bekämpfen heißt daher für uns in erster Linie: Gute Arbeit schaffen und Mindestlöhne einführen. Dazu gehört, dass der Staat weiter alles unternimmt, damit durch Wachstum Arbeit entsteht.

9. Wir kämpfen weiter für Kinderrechte im Grundgesetz! Kurt Beck hat mit seinem 7-Punkte-Aktionsplan für einen besseren Schutz unserer Kinder wirkungsvolle Maßnahmen benannt. Sechs seiner sieben Punkte haben die Ministerpräsidenten der Länder auf ihrer Konferenz im Dezember 2007 beschlossen. In sozialdemokratisch regierten Ländern wie Bremen, Brandenburg oder Rheinland-Pfalz sind bereits in diesem Frühjahr Kinderschutzgesetze in Kraft getreten. Wir wollen diesen Prozess auch bundesseitig flankieren und deshalb die Kinderrechte ins Grundgesetz aufnehmen. Das würde uns einen weiteren Schub in Richtung einer kindgerechten Gesellschaft verleihen. Denn dann müssten Politikerinnen und Politiker die Interessen von Kindern noch mehr zum Maßstab ihres Handelns machen. Kinder hätten - unabhängig von ihren Eltern - das Recht auf Förderung ihrer Potenziale. Der Kinderschutz könnte verbessert, Kinder müssten stärker beteiligt werden. Unser Koalitionspartner versperrt sich einer Grundgesetzänderung zugunsten unserer Kinder. Doch wir wissen andere starke Partner an unserer Seite. Das ermutigt uns, weiter nach Mehrheiten für eine Ergänzung des Grundgesetzes zu suchen. Wir fordern CDU und CSU auf, ihre Blockadehaltung aufzugeben!

10. Als gesamtstaatliche Aufgabe schlagen wir die Einberufung einer Nationalen Kinderkonferenz vor Kinderarmut ist ein Problem, dem auf allen staatlichen Ebenen entschlossen entgegengewirkt werden muss. Um Kinderarmut zu bekämpfen, brauchen wir eine konzertierte Aktion für gleiche Lebenschancen für jedes Kind. Wir brauchen in Deutschland eine mit allen Akteuren (Bund, Länder, Kommunen, Tarifpartnern, Wohlfahrtsorganisationen und Vertretern von Kinderinteressen und Zivilgesellschaft) abgestimmte Gesamtstrategie - die alle politischen Bereiche umfasst und sich nicht auf die reinen familienpolitischen Maßnahmen beschränkt. Mit dem vorliegenden Aktionsplan legt die SPD ein Konzept dafür vor. Wir sind zu klaren Vereinbarungen über die jeweiligen Verantwortungsbereiche und zu gerechten Finanzierungslösungen gekommen. Wichtig bleibt: was vom Bund oder anderen an zusätzlichen Leistungen für arme Familien gezahlt wird, dürfen andere Ebenen nicht gleich durch höhere Kindertagesstätten-Beiträge, Lernmittelaufwendungen, Essensgebühren oder die Kostenverteilung für Schülerbeförderung und Klassenfahrten einkassieren. Auch unsere Gesundheitspolitik muss so ausgerichtet sein, dass alle Kinder ihre Talente entwickeln und entfalten können. Dazu gehört ein Präventionsgesetz, das Kinder dort, wo sie leben und ihre Zeit verbringen, zu einem gesunden Lebensstil befähigt. Deshalb halten wir an unserem Vorschlag fest: Die Bundesregierung sollte bis zum Ende dieses Jahres eine Nationale Kinderkonferenz unter Beteiligung der Bundesministerien für Arbeit und Soziales, für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sowie für Gesundheit einberufen, an der alle politischen Verantwortlichen beteiligt sind. Wir bekräftigen das am 31. Mai 2008 in Nürnberg vorgestellte Projekt „Aufstieg und Gerechtigkeit". Unser Ziel ist eine durchlässige Gesellschaft der fairen Regeln, die Teilhabe und Sicherheit durch wirtschaftliche Stärke, gute Arbeit und gleiche Bildungschancen ermöglicht.

36. Osterfeuer der SPD Südstadt-Bult