Meine Damen und Herren,

über Pastoren zu reden, ist eine knifflige Sache. Pastoren sind Redner Berufs wegen, und wenn sie gut sind, finden sie mit ihren Predigten das gebotene Verständnis.

Darum bitte ich für einen kurzen Moment auch, und um eventuelle Nachsicht, wenn ich etwas nicht ganz korrekt darstellen sollte. Immerhin komme ich aus der Südstadt, was von Ihnen aus gesehen, jenseits der Bahnschienen liegt, und da läßt sich der Dorfblick nicht immer ablegen.

Alsdann: Südstädterinnen und Südstädter sind weltoffen und generös. Wir freuen uns über alle, die aus dem Rest der Welt zu uns kommen. Und wir geben auch gerne: Unsere Erfahrungen, ein paar nicht immer und nicht überall gelittene Ratschläge und gelegentlich stellen wir auch unsere Human-Ressourcen zur Verfügung.

Neudeutsch heißt das wohl so, wenn wir einen personellen Aderlaß erleiden müssen und den mussten wir erleiden, denn Pastor von Arnim war und ist eine südstädtische Institution: Ein Pastor, der in‘s Dorf gehört wie die dazu gehörige Kirche.
Nun also gehört er in ihr Dorf und zu ihrer Kirche und dafür möchte ich Ihnen meinen Neid ausprechen.

Für einen Atheisten ist das wohl eine ungewöhnliche Lobpreisung. Arndt von Arnim lebt sein Christentum in seine Gemeinde hinein. Für ihn ist Christentum mehr als eine Sonntagsbeschäftigung, die schon am Montag vergessen ist.

Das hat Martin Luther King einmal über verzagte oder abgeschlaffte Prediger gesagt. Sie haben Glück, denn Arndt von Arnim hält es, so wie ich ihn erlebt habe, mit Novalis, der da gesagt hat: „Wissen ist die eine Hälfte, Glauben ist die andere“.

Meine Damen und Herren,

ich habe Arndt von Arnim in der Südtstadt als Seelsorger erlebt, der sehr behutsam und nach ausgiebigem Zuhören Antworten gefunden hat für die Bewältigung schwieriger Lebenssituationen.

Auf ihn trifft ein Wort Lichtenbergs zu, der als als religionskritischer Mensch zu dieser Erkenntnis gelangt ist: „Religion ist eigentlich die Kunst, sich durch Gedanken an Gott ohne weiter andere Mittel Trost und Mut im Leid zu verschaffen und Kraft derselben entgegenzuarbeiten.“

Und er lebt eine Devise des zu Unrecht vergessenen Schriftstellers Rudolf Leonhard, die die Dialektik von Glauben und Wissen präzise darstellt: „Eine Religion ist Ehrfurcht vor dem Schaffenden , eine andre die vor dem Geschaffenen. Beider ineinander in meiner Brust heißt eigentlich Religion“.

Meine Damen und Herren,

wie ich schon sagte, sind Südstädterinnen und Südstädter generös. Wir geben gerne, auch wenn dies manchmal traurig ist. Damit Sie sich jetzt nicht nur auf der Sonnenseite wähnen, möchte ich zumindest eine Sentenz einer Vorfahrin Ihres Pastors einflechten. Bettina von Arnim, romantisch rücksichtslos, wie sie war, hat Religion als elenden Deckmantel einer boshaften Krankheit bezeichnet. Davon, denke ich, haben wir uns mit Novalis und dem Mixtum aus Wissen und Glauben weit entfernt.

Fred und Frieda Volksmund haben erkannt, daß Bauern nur eine kurze Predigt mögen, dafür aber lange Bratwürste. Ich hoffe daher, dass ich Sie nicht allzusehr strapaziert habe und wünsche Ihnen für die Zukunft wärmende Predigten von einem Pastor, den wir, Sie mögen mir verzeihen, weiterhin als Südstädter sehen, auch wenn er jetzt, von uns aus gesehen, jenseits der Bahnschienen predigt.

36. Osterfeuer der SPD Südstadt-Bult