Von Lothar Pollähne
Alljährlich erinnert der DGB in Hannover mit einer Gedenkveranstaltung an den Überfall von SA- und SS-Horden auf das Gewerkschaftshaus am 1. April 1933. Dies war gut einen Monat vor der Zerschlagung der organisierten Arbeiterbewegung der reichsweit erste Angriff auf ein Gewerkschaftshaus. Der zweite errfolgte am Nachmittag desselben Tages auf das Haus des Fabrikarbeiterverbandes in der Rathenaustraße.

Die Nazi-Banditen verhaften dort den Gauleiter des Fabrikarbeiterverbandes Willy Scheinhardt und andere Gewerkschafter. Scheinhardt ist den Nazis besonders verhasst, weil er schon lange vor der Machtübertragung vor den Gefahren des Faschismus für das demokratische Deutschland gewarnt hat. Er wird daher länger als andere in Haft genommen. Auch Albin Karl und Richard Partzsch werden verhaftet.

Nach seiner Entlassung hält Willy Scheinhardt als Wäscheverkäufer Kontakt zu Genossinnen und Genossen. Wie seine Vorstandskollegen Albin Karl und Richard Partzsch ist Scheinhardt aktiv in der „Sozialistischen Front“, der reichsweit größten sozialdemokratischen Widerstandsorganisation gegen die Nazis. Im August 1936 gelingt es den Nazis mit Hilfe eines eingeschleusten Spitzels, die Sozialistische Front zu zerschlagen. Karl, Partzsch und Scheinhardt werden mit vielen anderen Genossinnen und Genossen verhaftet, die meisten werden ins Gestapogefängnis in der Schlägerstraße verbracht. Willy Scheinhardts Weg führt ins Gefängnis in Hildesheim. Dort wird er am 6. Oktober 1936 zu Tode geprügelt.

Willy Scheinhard ist einer der vielen verfolgten Gewerkschafter, die in Vergessenheit geraten sind, mutige Menschen, denen endlich das gebührende Gedenken zukommen sollte. Einen kleinen Beitrag zu dieser Erinnerungsarbeit leistet die Ausstellung „Seid wachsam, dass über Deutschland nie wieder die Nacht hereinbricht“, die das Schicksal von Gewerkschaftern in Konzentrationslagern zwischen 1933 und 1945 nachzeichnet. Die Wanderausstellung ist vom Otto-Suhr-Institut der Freien Universität Berlin, der Gedenkstätte Sachsenhausen und der Hans-Böckler-Stiftung erarbeitet worden und bis zum 12. April 2013 im Bürgersaal des Neuen Rathauses in Hannover zu besichtigen.

Vorgestellt werden Biographien von Gewerkschafterinnen und Gewerkschaftern aus allen politischen Lagern und deren Verhalten während der wenigen Wochen, die zwischen der Machtübertragung an die Nazis und der endgültigen Zerschlagung der organisierten Arbeiterbewegung lagen. Dabei sparen die Ausstellungsmacher nicht mit Kritik an der Spitze des ADGB, der trotz der Kenntnisse von den Nazi-Überfällen auf Gewerkschaftshäuser schon in den Wochen vor dem 2. Mai 1933 seine Mitglieder dazu aufrief, sich an den Nazi-Kundgebungen am „Feiertag der nationalen Arbeit“ zu beteiligen.

Ergänzt wird die Wanderausstellung durch Biographien einiger Hannöverscher Gewerkschafter und Widerstandskämpfer, allen voran der in der Südstadt geborene spätere IG Metall-Vorsitzende Otto Brenner, der nach der Zerschlagung der Widerstandsgruppe der Sozialistischen Arbeiterpartei (SAP) am 30. August 1933 inhaftiert wurde. Auch an Karl Nasemann, einen Augenzeugen des Überfalls auf das Gewerkschaftshaus und Gustchen Breitzke, die in der Sozialistischen Front für den Vertrieb der „Sozialistischen Blätter“ mitverantwortlich war, wird erinnert. Sie wurde am 15. September 1936 verhaftet und im Gestapo-Gefängnis in der Schlägerstraße inhaftiert.

Die Ausstellung „Gewerkschafter in Konzentrationslagern 1933 - 1945“ ist Teil einer gewerkschaftlichen Veranstaltungsreihe, die an den 80. Jahrestag der Machtübetragung an die Nationalsozialisten erinnern soll.

BU: Heute ein Bankgebäude. Vor 80 Jahren ein Fremdkörper im Bankenviertel: Die Zentrale des Fabrikarbeiterverbandes in Hannover.

Foto: lopo

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