So ist es nunmal, wenn ein amtierender Grünkohlkönig kommt: da wird der Saal schon mal voll, denn wer möchte sich gerne Wissenswertes aus dem Munde des „Regenten“ entgehen lassen. Das „Rote Grünkohlessen“ des SPD-Ortsvereins Südstadt-Bult ist seit 25 Jahren ein wichtiges gesellschaftliches Ereignis im Stadtbezirk, und fast alle kommen: gewöhnlich rund 120 Genussmenschen. In diesem Jahr kam einer hinzu und die Vereinsgaststätte des VfL Eintracht Hannover platzte aus allen Fugen.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil hielt die Grünkohlrede und ehrte viele Genossinnen und Genossen für ihre aktive Mitgliedschaft in der Sozialdemokratischen Partei. Das tat er überzeugend und souverän, denn für ihn war das „Rote Grünkohlessen“ eine Art „Heimspiel“. In der Südstadt ist Stephan Weil in die SPD eingetreten, weil der „Kohl“ weg musste und bei „Eintracht“ hat er jahrelang gegen den Ball getreten. Hier hat er das eine oder andere Glas Bier getrunken, „Currywurst, Pommes Bahnschranke“ gegessen und den Herbst mit der norddeutschen Palme eingewedelt.

Wenn ein Grünkohlkönig eine Kohlrede hält, spricht er selbstverständlich von der Frucht der Saison. Stephan Weil tat dies politisch überzeugend: „Grünkohl“, so der Ministerpräsident, „ist eine illegal aus Asien eingewanderte Pflanze. Ihre Integration ist überzeugend gelungen. Grünkohl ist heute „das“ norddeutsche Nationalgericht.“ Damit war Stephan Weil beim momentan wichtigsten gesellschaftlichen Thema: der Aufnahme von Flüchtlingen, die vor Krieg, Hunger und Verfolgung flüchten und bei uns Asyl suchen. „Das ist eine furchtbare Situation“ stellte Weil fest, „aber wir sollten aufhören, nur auf uns zu schauen. In anderen Ländern ist die Situation dramatisch.“ Allein im Libanon leben 1,5 Millionen Flüchtlinge. Sie stellen mittlerweile ein Drittel der Bevölkerung und das kleine Land vor Probleme, die sich im reichen Deutschland kaum jemand vorstellen kann. „Ich bin persönlich bewegt vom Engagement vieler tausender von Menschen in unserem Lande, die wissen, dass die Menschen aus Not auf die Flucht gehen.“

Deutliche Worte fand der Ministerpräsident für Menschen, die sich selbst als Europäer sehen und Zäune errichten lassen: „Wenn Herr Orbàn ein Christ ist, dann gilt das auch für Kim Il Song.“ Das hat mit europäischen Werten nichts zu tun. Und mit sozialdemokratischen Werten schon gar nichts. „Heimat schaffen ist unsere Zukunftsaufgabe“, so Stephan Weil, „und das ist unser Thema seit 152 Jahren.“ Mit überzeugendem Stolz wies er in die nahe Zukunft: „Es lohnt sich für dieses Land zu arbeiten.“

Bevor allerdings die alte gewerkschaftliche Devise „Ohne Mampf kein Kampf“ befolgt werden konnte, hatte der SPD-Ortsvereinsvorsitzende Frank Straßburger noch die Ehrung der Jubilarinnen und Jubilare auf der Tagesordnung. Eingeleitet von historischen Anmerkungen des Ortsvereins-Chronisten Lothar Pollähne zu den jeweiligen Eintrittsjahren ehrte Straßburger gemeinsam mit dem Ministerpräsidenten Rita Meyer für zehnjährige Mitgliedschaft, Stefanie Burmeister, Stephanie Gudat, Katrin Kreil, Bärbel Liese, Hermann Rehme, Karin Truelsen und Thorsten Wagner nach 25 Jahren, Hella Küster nach 40 Jahren und Hermann Bleinroth, Hans-Georg Gierke und Dirk Lange nach 50 Jahren Mitgliedschaft. Eine besondere Ehrung erhielt die „gute Seele“ des Ortsvereins, Margitta Schuermann, die nicht nur das 25. „Rote Grünkohlessen“ souverän organisiert hatte. Die „Mutter Courage in allen Lebenslagen“, wie Frank Straßburger sie nannte, war sichtlich gerührt und freute sich mächtig über die Ehrung durch den Ministerpräsidenten.

Wer es von den 160 Festgästen an diesem warmen Novemberabend bis zu dieser Ehrung durchgehalten hatte, und das waren alle, wurde mit dem „Essenfassen“ in der ersten deutschen „Grünkohlsauna“ belohnt, die Grünkohlkönig Stephan Weil mit aller Amtswürde eröffnete. Es hat geschmeckt. Das 26. „Rote Grünkohlessen“ ist bereits in Vorbereitung.

36. Osterfeuer der SPD Südstadt-Bult