Das „Alte Magazin“ in der Kestnerstraße war bis auf den letzten Platz gefüllt, als Bezirksbürgermeister Lothar Pollähne am 21. Januar den Neujahrsempfang des Stadtbezirks Südstadt-Bult eröffnete. Traditionsgemäß begrüßte er zunächst die Einwohnerinnen und Einwohner, für die der Empfang ausgerichtet wird, um danach einige Ehrengäste persönlich willkommen zu heißen:

die Vizepräsidentin des Deutschen Bundestages Edelgard Bulmahn, die Landtagsabgeordneten Doris Schröder-Köpf und Thomas Schremmer, Hannovers Kult(ur)dezernenten Harald Härke und „den Südstädter“, Hannover Bürgermeister Thomas Hermann.

Der stellte seinem Grußwort, das im Anhang dokumentiert wird, unter ein Motto des Dalai Lama: „Sich um die Interessen der Anderen zu kümmern, ist die beste Form der Eigenvorsorge“. Bürgermeister Hermann schloss mit einer Aufforderung zum Handeln: „Jeder Schritt wirklicher Bewegung ist wichtiger als ein Dutzend Programme“ und endete mit der rhetorischen Frage: „Hätten Sie es gewusst? Das Zitat stammt von Karl Marx!“

Bezirksbürgermeister Lothar Pollähne präsentierte in seiner Neujahrsansprache die Vielfalt und Lebendigkeit des Stadtbezirks und ließ das Jahr 2016 Revue passieren. Der Stadtbezirk wächst und wird immer jünger. Das erfordert verstärkte Anstrengungen im Wohnungsbau und in der Schulentwicklung. Pollähne verwies in diesem Zusammenhang auf die großen Baumaßnahmen am „Altenbekener Damm“, dem alten Gelände des Landesarbeitsamtes und an der „Alten Döhrener Straße“, auf dem aufgelassenen Gelände der Gärtnerei Stange. Höhepunkt des Schulentwicklungsjahres war im Herbst die Eröffnung des „KISS“ an der Birkenstraße, wo eine Kindertagesstätte, die „Otfried-Preußler-Schule“ und eine wettbewerbstaugliche Dreifeldsporthalle in der Mitte der Südstadt ihren Platz gefunden haben.

Sportlich betrachtet war das Jahr 2016 für den Stadtbezirk äußerst erfolgreich. Hannovers einzige olympische Silbermedaillengewinnerin, Sabrina Hering, ist Mitglied des Hannoverschen Kanu-Club. „Olympia-Held“ Andreas Toba, der trotz eines Kreuzbandrisses für das Mannschaftsergebnis seine Seitpferdkür durchturnte, kommt vom TKH. Glückwünsche gingen auch an die Turnerinnen des VfL Eintracht Hannover, die in die erste Bundesliga aufgestiegen sind und obendrein den deutschen Mannschaftstitel verteidigen konnten, und an die Basketballerinnen des TKH, die sich seit ihrem Aufstieg erfolgreich in der 1. Bundesliga behaupten.

Ein anderer „Star“ steht im Restaurant „Jante“ am Herd. Tony Hohlfeld hat sich einen Michelinstern erkocht. Hohlfeld hat überdies mit dem Restaurantkritiker Robert Kroth, dem Motto des Dalai Lama folgend, mit Köchinnen und Köchen aus sieben Herkunftsländern „Das neue Nachbarn Kochbuch“ verfasst und in der „Schlüterschen Verlagsanstalt“ veröffentlicht, die ihren Sitz im Stadtbezirk Südstadt-Bult hat.

In seinem Ausblick auf das Jahr 2017 erwähnte Bezirksbürgermeister Pollähne den geplanten Neubau der Conti-Hauptverwaltung am Pferdeturm und das Wohnungsbauprojekt an der Nordspitze des ehemaligen Südbahnhofsgeländes hervor, für das seit Dezember 2016 die Baugenehmigung vorliegt. Bevor er sich bei den Beteiligten bedankte, stellte Pollähne eine Forderung, die den fetten Applaus der Anwesenden erhielt: In diesem Jahr müssen endlich die verkehrsregulierenden Maßnahmen an der Marienstraße und der Hildesheimer Straße ergriffen werden. „Wenn dort keine geschwindigkeitsüberwachenden Maßnahmen und keine Anpassung der Ampelphasen eingerichtet werden, werde ich ausgesprochen garstig“, so der Bezirksbürgermeister.

Eingerahmt war der Neujahrsempfang vom „Freitagschor“ der Tellkampff-Schule, der in fein abgestimmter Form altes und neues Liedgut präsentierte. Vor der Ehrung der diesjährigen Preisträgerin des Stadtbezirks, Gabriele Wicke, offerierte das „Südstädter Komöd’chen“, das in 2017 seinen 20. Geburtstag feiern kann, den verschmitzt kulturkritischen Sketch „Der Katze Kern“.

Das Grußwort von Bürgermeister Thomas Hermann und die Laudatio für Gabriele Wicke von Bezirksbürgermeister sind nachfolgend dokumentiert.
lopo

Rede von Bürgermeister Thomas Hermann anlässlich des Neujahrsempfangs des Stadtbezirksrates Südstadt-Bult am 21. Januar 2017 im Alten Magazin

„Sich um die Interessen der anderen zu kümmern, ist die beste Form der Eigenvorsorge.“

Mit diesem weisen Satz des Dalai Lama möchte ich Sie alle im Namen der Landeshauptstadt Hannover zum Neujahrsempfang des Stadtbezirksrates Südstadt-Bult willkommen heißen und Ihnen zugleich die herzlichsten Grüße zum Neuen Jahr von OB Stefan Schostok, von Rat und Verwaltung der Stadt überbringen.

Das Zitat weist aber auch auf den Zusammenhang von sozialem Miteinander und bürgerschaftlichem Engagement hin. Herzlichen Dank also für Ihr großes Engagement für Südstadt und Bult. Ohne Sie und Ihr Tun wäre vieles hier nicht leistbar.

Ich möchte ausdrücklich auch die ehrenamtliche Arbeit der Bezirksratsmitglieder in diesen Dank mit einschließen. Im September ist ein neuer Bezirksrat gewählt worden, und es gibt neben den “alten Hasen“ auch viele neue Gesichter. Ihnen allen wünsche ich ein glückliches Händchen bei Ihren Entscheidungen.

Vier von Ihnen sind vor einigen Wochen von der Stadt bzw. vom Niedersächsischen Städtetag für ihr wirklich langjähriges Engagement in der Kommunalpolitik ausgezeichnet worden: Ludwig Diener und Helmut Jäkel (SPD), beide sind im Herbst 2016 aus dem Bezirksrat ausgeschieden sowie Ekki Meese (Grüne) und Thomas Siekermann (FDP), die beide dem Gremium weiter angehören. Ihnen allen nochmals ein herzliches Dankeschön und Glückwunsch zu der Auszeichnung!

Über die jahrzehntelange überaus hohe Zufriedenheit mit den Lebensbedingungen im Stadtbezirk Südstadt-Bult zu sprechen, wäre Eulen nach Athen zu tragen.

Wäre da nicht die klitzekleine Herausforderung bei der Parkplatzsuche. Aber so ist das eben mit den in der Gründerzeit oder in den 1920er und 1930er Jahren entstandenen, hochverdichteten Wohnvierteln in unserer Stadt. Ein dauerbrennender Umstand, der allenfalls gelindert, aber vermutlich nie zufriedenstellend gelöst werden kann.

Aus der städtischen Repräsentativerhebung von 2015 wissen wir jetzt auch, dass sich die Menschen nirgendwo so sicher fühlen wie in der Südstadt, gerade auch abends und nachts.

Hannover ist seit Jahren eine wachsende Stadt, es waren rund 30.000 Menschen in den letzten sechs Jahren. Und dieses Wachstum stellt Politik und Verwaltung, aber auch Einrichtungen und die Bevölkerung gleichermaßen insbesondere vor vier Herausforderungen:

  1. Wohnungsbau und Schaffung bezahlbaren Wohnraums
  2. Ausbau der Infrastruktur: Kinderbetreuungsplätze, Schulen, Sportstätten und Bäder, soziale und kulturelle Infrastruktur, Straßen und Radwege usw. Im Frühjahr wird die Verwaltung den Projekt- und Zeitplan für die vom Rat zusätzlich beschlossenen 520 Mio. Euro (zu der ohnehin geplanten Milliarde Euro) Investitionsmitteln in den nächsten 10 Jahren vorstellen.
  3. Integration und Flüchtlinge
  4. Teilhabe, Bürgerbeteiligung

Das entspricht zugleich den Eckpfeilern des vom Rat im Sommer letzten Jahres beschlossenen Masterplans zur Stadtentwicklung „Mein Hannover 2030“.

Alle vier Herausforderungen werden auch hier im Stadtbezirk eine große Rolle spielen und Bevölkerung, Vereine und Verbände, Einrichtungen sowie den Bezirksrat gut beschäftigen:

Denken Sie etwa an den Wohnungsneubau auf dem ehemaligen Stange-Grundstück, am Südbahnhof, an der Hildesheimer Straße oder am Altenbekener Damm. Oder an die Umgestaltung der Geibelstraße. Oder die Planung des neuen Unternehmenssitzes der Conti an der Pferdeturm-Kreuzung.

Anlässlich meiner Wiederwahl zum Bürgermeister und Ratsvorsitzenden habe ich den Ratsmitgliedern zwei Leitsätze mit auf den Weg gegeben. Ich wiederhole sie hier gern, weil sie gleichermaßen für die Stadtbezirksräte und ganz allgemein für das Leben in unseren Stadtteilen zutreffen:

1. Dass wir in den politischen Gremien würde- und respektvoll miteinander umgehen und den Einwohnerinnen und Einwohnern den gleichen Respekt und die gleichhohe Wertschätzung entgegenbringen.

Im Übrigen erwarte ich auch von der Bevölkerung diesen Respekt den gewählten Mitgliedern der Gremien gegenüber, die hier ehrenamtlich und mit viel Engagement über die Zukunft der Stadt und ihrer Quartiere entscheiden.

2. In der Mitte des Ratssaales haben die Architekten Hannover aus vielen Bausteinen als Mosaik zusammengesetzt. Ganz bewusst haben sie ein Mosaik gewählt. Jeder Baustein repräsentiert ein Stück unserer Stadt, aber erst die Summe, erst das Zusammenspiel dieser vielfältigen Bausteine macht Hannover aus.

Unsere Stadt lebt von dieser Vielfalt. Von der Vielfalt in den Stadtteilen mit jeweils sehr eigenen Identitäten. Von der Vielfalt in der Wirtschaft. Von der Vielfalt in der Kultur und in den Kulturen. Und von der großen Vielfalt in der Musik, nicht umsonst ist Hannover UNESCO City of Music. Von der Vielfalt im Sozialen. Von der Vielfalt im Sport, in der Freizeit- und Naherholung und der Artenvielfalt, Hannover ist Hauptstadt der Biodiversität.

Nicht zuletzt auch von der Vielfalt der drei I, für die schon Leibniz vor über 300 Jahren stand: Interdisziplinarität, Innovation und Internationalität, ich meine den Hochschul- und Wissenschaftsstandort Hannover.

Diese Vielfalt, Internationalität, Weltoffenheit und Toleranz, das soziale Miteinander, all‘ das macht unsere Stadt und gerade auch den Stadtbezirk Südstadt-Bult so attraktiv, auch für Zuwanderer.

Wenn im Februar in der Gemeinde am Döhrener Turm zum wiederholten Male ein Neujahrsempfang der freikirchlichen Gemeinde, des Flüchtlingswohnheims, des Kleingartenvereins Tiefenriede, des Sportvereins VfL Eintracht und des GDA-Wohnstifts stattfindet, dann ist das genau das vielfältige, interkulturelle und Generationen übergreifende Miteinander, was ich mir auch in Zukunft für unsere Stadt insgesamt und Südstadt-Bult wünsche.

Lassen Sie uns diese Vielfalt auch künftig in der Stadt und in den Stadtbezirken mit ihren jeweils sehr eigenen Ausprägungen bewahren und stärken. Und lassen Sie uns dabei alle Bevölkerungsgruppen mitnehmen.

Denn, ich verweise damit auf Artikel 3 (3) des Grundgesetzes, unserer Verfassung, um die uns viele Menschen in der Welt beneiden:

Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen oder seiner Behinderung benachteiligt oder bevorzugt werden.

Das ist – wenn man den Begriff überhaupt benutzen möchte -, für mich der Leitsatz schlechthin, wenn wir über eine Leitkultur reden.

Bange machen gilt nicht, wenn wir in die Zukunft blicken. Ich meine, wir sollten die großen Herausforderungen, vor denen wir stehen, wohlwollend und positiv angehen, nicht mit dem Schmollmund, schon gar nicht mit Angst, Abwehr, Abschottung und Ausgrenzung. Es gibt auch keine einfachen Antworten, kein schwarz-weiß auf komplexe Sachverhalte.

Das gilt in Bezug auf die Geflüchteten genauso wie für die bauliche Erweiterung der IGS Südstadt, Wohnungsbauvorhaben oder Sportstättenerweiterungen.

„Jeder Schritt wirklicher Bewegung ist wichtiger als ein Dutzend Programme.“

Hätten Sie es gewusst? Das Zitat stammt von Karl Marx!

In diesem Sinne wünsche ich uns allen ein erfolgreiches 2017!

Laudatio für Gabriele Wicke

Erich Mühsam, der von den Nazis am 10 Juli 1934 im KZ Oranienburg ermordete Querdenker, hat in seinem „Brevier für Menschen“ geschrieben: „Die Künstler müssen sich verantwortlich wissen für alles, was die Erde erschüttert“. Mühsam, obwohl in Berlin geboren, ist in Lübeck aufgewachsen und zur Schule gegangen wie Gabriele Wicke. Sein Motto passt auf die heute zu ehrende Preisträgerin, denn sie macht Kunst und sie mischt sich ein, weil sie, um einen anderen großen Künstler, nämlich Berthold Brecht, zu zitieren, sich von den Schicksalen der Menschen bewegen lässt, denn nur so, so der Dichter, kann Kunst Menschen bewegen.

Wer andere bewegen will, muss gehörig unterwegs sein, die Augen und die Ohren aufsperren, darüber nachdenken und dann künstlerisch nach vorne gehen. Das tut Gabriele Wicke seit zig Jahren in unserem Stadtbezirk, in dem sie wohnt und in dem sie ihr Atelier im „Turm 2“ auf dem ehemaligen Schlachthofgelände bearbeitet. Dass dort überhaupt noch Kunst und Kleingewerbe angesiedelt sind, ist auch der Künstlerin zu verdanken, die sich mit Anderen vor einigen Jahren vehement gegen die Veräußerung dieser, verzeihen Sie mir, Gemischtwareninsel der lokalen Wohlbefindlichkeit gewehrt hat. Dass der Bezirksrat Südstadt-Bult dazu ein wenig beigetragen hat, darf ich an dieser Stelle ergänzend anmerken.

Also: Gabriele Wicke macht Kunst und das seit vielen Jahren. Aus Lübeck ist sie vor Jahrzehnten nach Hannover gekommen, um hier zu studieren und sie ist, von vielen Auslands-Lernphasen unterbrochen, zum Glück bei uns hängengeblieben. Sie lebt im Stadtteil Bult und arbeitet dort und genau dort mischt sie sich als Künstlerin ein. Sie betreut junge Künstlerinnen und Künstler auf ihren Wegen in die verwegene künstlerische Zukunft, indem sie deren Mappen für die jeweiligen Aufnahmeprüfungen begleitet und begutachtet. Aber sie begleitet auch viele andere Menschen, und das ist der Hauptgrund, warum der Bezirksrat Südstadt-Bult sie heute mit dem Preis für bürgerschaftliches Engagement auszeichnet.

Als immer mehr Menschen in die Boote stiegen und so viele ertranken — ich zitiere jetzt die „Neue Presse“ — und als ein Lkw mit erstickten Flüchtlingen auftauchte und als die ersten Flüchtlingsheime in Deutschland brannten, da hat sich Gabriele Wicke — wie viele andere auch — gefragt: „Wie kann man so etwas mit Menschen machen, wenn es einem selbst so gut geht?“ Gegen die Flucht und ihre Ursachen konnte sie ebenso wenig ausrichten, wie die meisten Menschen in diesem Land, aber mit den Menschen, die sich hier fremd, aber auf weitgehend sicherem Boden angekommen fühlten, konnte und wollte sie etwas unternehmen.

Erfahrungen in der Arbeit mit so genannten „Randgruppen“ hatte sie bereits und deshalb initiierte sie mit Schülerinnen und Schülern der „Internationalen Schule“ und dem Flüchtlingswohnheim auf der Bult das Projekt „Grenzenlos“, um gemeinsam Erinnerungen und Hoffnungen zu Papier zu bringen. Ihr Atelier im „Turm 2“ wurde auf diese Weise zum Bulter Babylon, denn die gemeinsame Verständigung war vielsprachig, aber mächtig erfolgreich. Die Kunstwerke wurden gemeinsam ausgestellt. Das war ein gelungenes Beispiel erarbeiteter und gelebter Integration und daher war es gut, dass der Integrationsbeirat des Stadtbezirks Südstadt-Bult einen finanziellen Beitrag zum Projekt „Grenzenlos“ geleistet hat.

Engagement hat viele Gesichter. Eines davon, dass wir heute auszeichnen, ist Gabriele Wicke. Ihr Lebensmotto hat sie dem Diplomaten und Schriftsteller Alexander von Villers zu verdanken: „Malen ist eine Kunst, Dichten gar und auch Musik. Die größte Kunst aber ist das Leben“. Ein anderes Motto dieses ehemaligen Privatsekretärs von Franz Liszt passt für die Zeitläufte eigentlich noch besser: „Sehen ist nicht sehen. sehen ist denken“.

In diesem Sinne: herzlichen Glückwunsch Gabriele Wicke.

36. Osterfeuer der SPD Südstadt-Bult