Auch wenn heute vor 28 Jahren mit dem Fall der Mauer die damals kaum geglaubte Wiedervereinigung Deutschlands begann, ist der 9. November nicht nur ein Tag der Freude sondern ebenso ein Tag der mahnenden Erinnerung. Vor 80 Jahren ereignete sich in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 nicht nur in Hannover sondern in ganz Deutschland die sog. Reichspogromnacht.

Vorangegangen war ein Attentat des in Hannover aufgewachsenen 17 Jahre alten jüdischen Jugendliche Herschel Grynszpan auf einen Sekretär der deutschen Botschaft in Paris namens Ernst von Rath. Die genauen Gründe für das Attentat sind nicht bekannt, doch war Grynszpans Familie Ende Oktober 1938 aus Hannover nach Polen abgeschoben worden, weil sie Juden mit polnischer Staatsangehörigkeit waren. Als vom Rath zwei Tage später am 9. November seinen Verletzungen erlag, nahmen es die Nationalsozialisten zum willkommenen Anlass im gesamten Deutschen Reich gegen die dort lebenden Juden vorzugehen.

In Hannover traf sich an jenem Tage die hannoversche NSDAP in der Stadthalle zur alljährlichen Feier des Hitler-Putsches 1923. Der Tag endete mit einer feierlichen Aufnahme von Kandidaten in die SS. Dazu hatten sich die lokalen SS-Führer und 100 Hitlerjungen sowie 62 Bewerber der Staats- und Kriminalpolizei im Konzerthaus am Hohen Ufer versammelt. Als diese irgendwann in der Nacht die Veranstaltung verließen, war die Synagoge in der Bergstraße (heute Rote Reihe) bereits in Flammen, um 2.35 Uhr in der Nacht erhielt die Feuerwehr eine Meldung über diesen Brand. Ein kleiner Kommandotrupp der SS hatte das Gotteshaus aber schon fast zwei Stunden vorher angezündet, das bei Eintreffen der Feuerwehr in hellen Flammen stand. Unter dem Befehl der SS-Führer Jeckeln und Benson vollzog sich die vollständige Zerstörung der Synagoge im weiteren Tagesverlauf, indem die gelöschten Reste gesprengt wurden. Zeitlich parallel zum Anschlag auf die Synagoge zogen Trupps von SS und SA durch die Stadt und demolierten 94 Geschäfte jüdischer Inhaber: Die Waren wurden teils zerstört, teils geplündert, teils „sichergestellt“. 27 Wohnungen jüdischer Eigentümer oder Mieter widerfuhr ein ähnliches Schicksal: Möbel, Geschirr, Haushaltsartikel und Kunstgegenstände wurden kurz und klein geschlagen. Doch damit nicht genug. In Hannover wurden am 10. November 180 jüdische Männer und eine Frau aus ihren Wohnungen und Geschäften geholt und mit weiteren 153 Verhafteten aus den Gemeinden des Umland zunächst im Polizeigefängnis eingesperrt. Am Morgen des folgenden Tages wurden 275 Verhaftete in das KZ Buchenwald deportiert. Der psychische und physische Terror der KZ-Haft hat in einigen Fällen zum baldigen Tod geführt. Die meisten Inhaftierten willigten ein, Deutschland zu verlassen und ihren Besitz zu „arisieren“. Im Frühjahr 1939 gab es fast kein jüdisches Eigentum mehr in Hannover, die Emigration erreichte ihren Höhepunkt.

In dieser Nacht wurden im Deutschen Reich mehr als 1400 Synagogen und tausende jüdischer Geschäfte zerstört und anschließend ca. 30000 Juden in Konzentrationslagern deportiert. Dieses Ereignis war der grausame Auftakt der systematischen Verfolgung der europäischen Juden durch das Regime der Nationalsozialisten, das schließlich in den Holocaust mündete.

Der SPD-Ortsverein Südstadt-Bult ruft deshalb dazu auf sich an das Schicksal der Opfer des Novemberpogroms und des Holocaust zu erinnern und sich gegen Fremdenfeindlichkeit, Rassismus und Völkermord einzusetzen. Damit solche schrecklichen Taten, wie sie am 9. November 1938 und in der Folgezeit des Nazi-Regimes geschahen, nie wieder passieren, ist eine tatkräftige Aufklärung und beherzte Präventionsarbeit von allen in der Gesellschaft aktiven demokratischen Gruppen nötig.

36. Osterfeuer der SPD Südstadt-Bult