Heinrich-Heine-Platz Heinrich-Heine-Straße
Die Heinrich-Heine-Straße - eine der längeren Straßen der Südstadt - führt von den Jordanstraße im Osten bis zur Hildesheimerstraße im Westen und endet am Heinrich-Heine-Platz. Benannt wurden Straße und Platz 1912 nach dem Dichter und Denker Heinrich Heine. Da Heine protestantisch getaufter Jude war, hieß der Platz von 1933 - 1937 Danzigplatz und bis zur Zerschlagung des Faschismus Danziger Platz. Die Heinrich-Heine-Straße wurde zunächst 1933 in Memelstraße und 1937 in Memeler Straße umbenannt.
Heinrich Heine
Hannover spielt für das Leben des großen deutschen Dichters Heinrich Heine eine nicht ganz unbedeutende Rolle. Sowohl Heines Vater Samson als auch sein Onkel und lebenslanger Förderer Salomon sind gebürtige Hannoveraner. Harry Heine, so sein Geburtsname kommt in Düsseldorf als ältestes Kind des Tuchhändlers Samson Heine und seiner Frau Betty zur Welt. Der heute allgemein akzeptierte Geburtstag Heinrich Heines ist der 13. Dezember 1797. Auch das Jahr 1799 wird gelegentlich genannt und Heinrich Heine selbst mystifizierte sich zum ersten Kind des 19. Jahrhunderts. Heine muss seine Geburtsstadt geliebt haben, denn 1827 schreibt er im „Buch Le Grand“:
„Die Stadt Düsseldorf ist sehr schön, und wenn man in der Ferne an sie denkt, und zufällig dort geboren ist, wird einem wunderlich zu Muthe. Ich bin dort geboren und es ist mir, als müsste ich gleich nach Hause gehn. Und wenn ich sage nach Hause gehn, dann meine ich die Bolkerstraße und das Haus, worin ich geboren bin“.
Der junge Heinrich besucht zunächst eine israelitische Privatschule und ab 1804, nachdem die Regierung jüdischen Kindern den Besuch christlicher Schulen gestattet eine städtische Grundschule, danach eine Vorbereitungsklasse für das Gymnasium und ab 1810 das Düsseldorfer Lyzeum, das er allerdings ohne Abschluss 1814 verlässt. Dem Wunsche des Vaters entsprechend muss sich der Knabe auf einen kaufmännischen Beruf vorbereiten. 1815 wird Heine Volontär bei einem Frankfurter Bankier. 1816 nimmt ihn dann Onkel Salomon in Hamburg unter die Fittiche. Wohl eher missmutig absolviert Heinrich Heine seine Aufgaben als Bankiers-Eleve. Nebenher schreibt er - zum missfälligen Erstaunen des Onkels - Gedichte für die Zeitschrift „Hamburger Wächter“.
Onkel Salomon meint es gut mit Harry und richtet ihm ein Tuchgeschäft ein, mit dem Heine jedoch 1819 pleite geht. Dass er sich auch noch in seine Cousine, Salomons Tochter Amalie, verliebt, ist dem Heine‘schen Familienleben nicht gerade zuträglich Wahrscheinlich aus Einsicht in das Unausweichliche lässt Salomon Heine seinen Neffen studieren. In Bonn schreibt sich Heinrich Heine für das Studium der Rechtswissenschaften ein, wissend, dass auch dies nur ein Vorwand ist, sich als Suchender in der Welt der Erkenntnisgewinnung umzutun. Von August Wilhelm Schlegel lässt sich Heine in die Geschichte der deutschen Sprache und Poesie einführen und für die frühe Romantik begeistern. In der kurzen Bonner Zeit übersetzt Heine Werke des englischen Dichter Lord Byron.
Schon 1820 zieht es Heinrich Heine nach Göttingen, aber auch dort bleibt er nicht lange. Ein Kommilitone beleidigt ihn wegen seines Judentum, Heine fordert zum Duell und beide werden mit dem „consilium abeundi“ im Februar 1821 für ein Semester von der Universität verwiesen. Heinrich Heine hat genug von der Stadt, in der „der Viehstand“ der bedeutendste ist und zieht weiter nach Berlin, wo er Hegel hört, sich im Salon der Rahel Varnhagen vergnügt und Mitglied im „Verein für Cultur und Wissenschaft der Juden“ wird. In die Berliner Jahre von 1821 - 1823 fällt Heine langsamer Abschied vom Judentum, den er im Juni 1825 mit der protestantischen Taufe im katholisch geprägten Heiligenstadt vollendet. Aus Harry Heine wird Christian Johann Heinrich Heine. Kurz darauf wird Heine in Göttingen, wohin er trotz aller Abneigung zwecks Vollendung seines Studiums zurückgekehrt ist, zum Doktor der Rechte promoviert.
Während seines zweiten Göttinger Studienaufenthalts begibt sich Heinrich Heine 1824 auf seine „Harzreise“, in der er - von Northeim aus zurückblickend - Göttingen mit Hohn und Spott überschüttet:
„Die liebe Wirtshaussonne in Northeim ist auch nicht zu verachten; ich kehrte hier ein, und fand das Mittagessen schon fertig. Alle Gerichte waren schmackhaft zubereitet, und wollten mir besser behagen, als die abgeschmackten akademischen Gerichte, die salzlosen, ledernen Stockfische mit ihrem alten Kohl, die mir in Göttingen vorgesetzt wurden.“
Nur kurz versucht sich Heinrich Heine nach seiner Promotion als Anwalt, aber der trockene Beruf befriedigt seine Neugier nicht. Heine geht auf Reisen. 1827 weilt er in England, im Jahr darauf in Italien. Nachdem ihn August von Platen 1829 als „Petrarka des Laubhüttenfestes“ antisemitisch attackiert hatte, rächt sich Heine, indem er den Grafen als „warmen Freund“ outet, der „mehr ein Mann von Steiß als ein Mann von Kopf“ sei. Das kostet Heine die versprochene Professur in München und er muss sich eher unfreiwillig damit abfinden, fortan als freischaffender Schriftsteller sein Leben führen zu müssen. Dank Onkel Salomon, der ihn bis zu seinem Tode im Dezember 1844 regelmäßig unterstützt, kann Heinrich Heine seit 1831 im Exil in Paris leben und arbeiten.
In der französischen Hauptstadt, wo er ständig das Wabern der Revolution wahrnimmt, wird Heinrich Heine zum politischen Journalisten und Chronisten, der weltweit Beachtung findet, auch in deutschen Landen. Dort jedoch vor allem bei der Obrigkeit, die viele seiner Schriften verbietet. Welch Wunder. Der „sohn der Revolution“, wie sich Heine selbst einschätzt, singt Schlachtlieder und findet „Worte gleich flammenden Sternen, die aus der Höhe herabschießen und die Paläste verbrennen und die Hütten erleuchten“.
„Zuckererbsen für Jedermann“ verspricht sich Heinrich Heine von einer kommenden Revolution, und der nicht die Bourgeoisie den Ton angibt, sondern das Volk mit einer Stimme spricht. Heine verachtet jede Form von Nationalismus, Enge und Kleingeisterei. Kurz vor seinem Tod schreibt Heine in der Vorrede zu Lutetia.
„Aus Hass gegen die Nationalisten könnte ich schier die Kommunisten lieben. Wenigstens sind sie keine Heuchler“.
Das weiß der Radikale Heine schon länger. Angesichts der Folgen der Industriellen Revolution und beeindruckt von den schlimmen Nachrichten über den Aufstand der schlesischen Weber, veröffentlicht Heinrich Heine im Juni 1844 in Karl Marxens Zeitschrift „Vorwärts“ sein Weberlied, das bis heute als Hymne künftiger Revolutionen zum freiheitlichen deutschen Liedgut gehört und das mit den Worten beginnt:
„Im düstern Auge keine Thräne,
sie sitzen am Webstuhl und fletschen die Zähne,
Deutschland, wir weben dein Leichentuch.
Wir weben hinein den dreyfachen Fluch -
Wir weben, wir weben!“
Obwohl das Weberlied in Preußen gerichtlich verboten wird, macht es im Staate Friedrich Wilhelm IV. die Runde. Wer es wagt, „dem König der Reichen“ dieses Fluchlied entgegenzuschleudern, riskiert königlich preußische Einkerkerung.
Heine ist kein Kommunist. Von heute aus betrachtet wäre er am ehesten als „Früh-68er“ zu bezeichnen, als „Anti-Autoritärer“, der selbst angesichts seines Todes noch von seiner „Matrazengruft“ in Paris aus sarkastisch über Biedersinn und Engstirnigkeit, Einfalt und Großmannssucht herzieht. Selbst vor seiner Hamburger Familie macht er nicht Halt. Als er ankündigt, die Ursprünge des privaten Reichtums und die „Enterbung des Volkes“ anhand seiner Familie zu beschreiben, entziehen ihm die „Rothschilds von der Elbe“ die finanzielle Unterstützung. Entkräftet und finanziell am Ende muss kleinbeigeben. Bitter notiert er auf dem Totenbett: „Sie haben mir die Knochen im Herzen gebrochen“. Heinrich Heine stirbt am 17. Februar 1856 in Paris und wird auf dem Friedhof Montmartre begraben, wo sein Grab Revolution, Reaktion und Nazi-Okkupation überdauert hat. Ebenso überdauert hat Heines Lied von der Loreley, das selbst die Nazis nicht aus dem deutschen Lieder-Kanon löschen konnten. In ihrer gnadenlosen Dummerhaftigkeit behaupteten die Nazis allerdings, der Verfasser sei unbekannt.
Am 3. Dezember 1843 besucht Heinrich auf der Reise von Paris nach Hamburg in Hannover seinen Freund Johann Hermann Detmold und verfertigt über diesen Besuch einige Verse, die 1844 als „Caput XiX“ in sein Buch „Deutschland. Ein Wintermärchen“ aufnimmt.
Caput XIX
Ich kam nach Hannover um Mittagszeit,
Und ließ mir die Stiefel putzen.
Ich ging sogleich die Stadt zu besehn,
Ich reise gern mit Nutzen.
Mein Gott! das sieht es sauber aus!
Der Kot liegt nicht auf den Gassen.
Viel Prachtgebäude sah ich dort,
Sehr imponierende Masse.
Besonders gefiel mir ein großer Platz,
Umgeben von stattlichen Häusern;
Dort wohnt der König, dort steht sein Palast,
Er ist von schönem Äußern,
(Nämlich der Palast.) - Vor dem Portal
Zu jeder Seite ein Schildhaus,
Rotröcke mit Flinten halten dort Wacht,
Sie sehen drohend und wild aus.
Mein Cicerone sprach: Hier wohnt
Der Ernst Augustus, ein alter,
Hochtoryscher Lord, ein Edelmann,
Sehr rüstig für sein Alter.
Idyllisch sicher haust er hier,
Denn besser als alle Trabanten
Beschützet ihn der mangelnde Mut
Von unseren lieben Bekannten.
Ich seh‘ ihn zuweilen, er klagt alsdann,
Wie gar langweilig das Amt sei,
Das Königsamt, wozu er jetzt
Hier in Hannover verdammt sei.
An großbritannisches Leben gewöhnt,
Sei es ihm hier zu enge,
Ihn plage der Spleen, er fürchte schier,
Daß er sich mal erhänge.
Vorgestern fand ich ihn traurig gebückt
Am Kamin in der Morgenstunde;
Er kochte höchstselbst ein Lavement
Für seine kranken Hunde.
Abbildung: Heinrich Heine. Fotografie nach einem Gemälde von Moritz Daniel Oppenheim von 1831