Südlich des Altenbekener Damms zwischen Stresemannallee und Mainzer Straße wurden in der ersten Hälfte der 1950er Jahren Neubauten errichtet. Das Areal ist von mehreren Wegen durchzogen, die nach bedeutenden Frauen der demokratischen deutschen Geschichte benannt worden sind: Gertrud Bäumer, Ricarda Huch, Käthe Kollwitz und Paula Modersohn-Becker standen Patin. In der Mitte des Gebäudekomplexes liegt der 1954 angelegte Anna-Siemsen-Weg.

Anna Siemsen

Anna Siemsen

Die Tochter eines konservativen evangelischen Pfarrers aus der westfälischen Gemeinde Mark, geboren am 18.1.1882, ist zart und kränklich, aber enorm willensstark. Obwohl sie sehr viel Unterricht versäumt, besteht Anna Siemsen 1901 nach diszipliniertem Selbststudium in Münster das Lehrerinnenexamen. Sie wird Privatlehrerin, kann als Externe das humanistische Gymnasium in Hameln besuchen und besteht dort 1904 das Abiturexamen. Ihre Studien der Germanistik, Philosophie und Altphilologie schließt sie 1909 mit der Promotion ab. Danach arbeitet sie als Lehrerin in Detmold, Bremen und Düsseldorf. Erschüttert von den Schrecken des 1. Weltkrieges wird Anna Siemsen zur Pazifistin. 1919 wird sie Mitglied der USPD, 1921 schließt sie sich der SPD an. Die sozialistische Regierung Thüringens ernennt Anna Siemsen 1923 zur außerordentlichen Professorin für Pädagogik an der Universität Jena. Neben ihrer pädagogischen Tätigkeit arbeitet Anna Siemsen als Schriftstellerin. Auch dies mit durchaus pädagigischem Interesse. 1924 veröffentlicht sie „Literarische Streifzüge“ mit Essays über wichtige Epochen der Weltliteratur. 1928 zieht sie für die SPD in den Reichstag ein, dem sie zwei Jahre lang angehört. Aus Protest gegen die Zustimmung ihrer Partei zu den Notverordnungen schließt sich Anna Siemsen 1931 für kurze Zeit der SAP an. 1933 flieht sie in die Schweiz, wo sie sich auf Grund einer Zweckehe dem Arbeitsverbot für Emigranten entziehen kann. Sie arbeitet als Schriftstellerin und bildet Emigranten für eine pädagogische Tätigkeit in einem demokratischen Nachkriegsdeutschland aus. Ende 1946 kehrt Anna Siemsen zurück und ist enttäuscht. Ihrem Bruder Hans gegenüber beklagt sie, die Deutschen hätten „das bißchen , was noch an demokratischer Freiheit, an Leichtigkeit und Duldsamkeit hier und da vorhanden war, restlos verlernt“. In ihren letzten Lebensjahren setzt sich Anna Siemsen in Hamburg für die Einigung Europas unter sozialistischen Vorzeichen ein. Am 22.1.1951 stirbt Anna Siemsen im Alter von 69 Jahren in Hamburg.

Foto: Archiv der sozialen Demokratie / Friedrich Ebert Stiftung


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