Die Straße am Nordufer des Maschsees ist zwischen Kurt-Schwitters-Platz und Seufzerallee seit 1977 nach Arthur Menge benannt und führte ursprünglich bis zur Beuermannallee. Von 1937 bis 1943 hieß die Straße schlicht „Nordufer“, dann bis zur Zerschlagung des Faschismus „Von-Tschammer-und-Osten-Straße“, dann bis 1977 wieder Nordufer“. Der westliche Teil der Straße ist Anfang 2011 nach Hannover 96s ehemaligem Torhüter Robert Enke benannt.

Arthur Menge

Arthur Menge

Der Namenspatron ist alles andere als ein „lupenreiner Demokrat“, auch wenn er nach dem 30. Januar 1933 als einer von sieben nichtnationalsoziallistischen Oberbürgermeistern in Deutschland im Amt bleiben darf. Ausschlaggebend dafür ist Arthur Menges freundschaftliche Beziehung zum Nazi-Steigbügelhalter Paul von Hindenburg und zum Hannoverschen Gauleiter Bernhard Rust. Außerdem ist er im Hannoverschen Proviziallandtag Mitglied der parlamentarischen Arbeitsgemeinschaft aus NSDAP, Zentrum und der Deutsch-Hannoverschen Partei DHP, deren Mitglied er ist.

Geboren wird Arthur Menge am 2. April 1884 in Hannover, wo er am Lyzeum I, dem nachmaligen Ratsgymnasium die Reifeprüfung ablegt. Nach dem Studium der Rechtswissenschaften tritt Arthur Menge 1911 als juristische Hilfskraft in den Dienst der Stadt Hannover. 1913 wird er Magistratsassistent und 1914 Senator für Industrie, Wirtschaft und Ernährung. Im Zuge der Novemberrevolution wird Menge 1918 entlassen und arbeitet danach als Direktor der hannoverschen Straßenbahnen.

Seine politische Karriere beginnt am 23. Februar 1919, als er bei den Kommunalwahlen für die DHP in das Bürgervorsteherkollegium der Stadt Hannover gewählt wird. Unter der Obhut des ehemaligen Stadtdirektors Heinrich Tramm, einem alldeutschen Politiker mit völkischer Orientierung, entwickelt sich Arthur Menge zur führenden Persönlichkeit des bürgerlichen Ordnungsblocks im Kollegium der Bürgervorsteher.

Arthur Menges Weg ins Amt des Oberbürgermeisters beginnt mit der Niederlage der SPD bei den Kommunalwahlen vom 4. Mai 1924. Die SPD bleibt zwar stärkste Partei, steht aber einem geeinten und damit stärkeren Bürgerblock gegenüber, als dessen Wortführer Arthur Menge geschickt und intrigant die Entlassung des sozialdemokratischen Oberbürgermeisters Robert Leinert betreibt. Unter Rückgriff auf die kurz zuvor ergangene preußische Personalabbauverordnung versetzt die bürgerliche Mehrheit Leinert zunächst einstweilen in den Ruhestand, um ihn dann zum 1. Januar 1925 endgültig abzuservieren.

Der 31. März 1925 ist der Tag des Arthur Menge. Als „Vorsitzender“ des „Ordnungsblocks“ leitet er die Sitzung in der er sich zum Oberbürgermeister wählen lässt. Die Wahl ist schon nach den seinerzeit geltenden Bestimmungen nicht korrekt. In zwei Wahlgängen erreicht Menge die notwendige absolute Mehrheit nicht. Dennoch erklärt die bürgerliche Mehrheit den zweiten Wahlgang für gültig und nachdem die Aufsichtsbehörden die Wahl für gültig erklärt haben, wird Arthur Menge am 15. August 1925 ins Amt des Oberbürgermeisters von Hannover eingeführt.

Arthur Menge gilt vielen Historikern als herausragender Vertreter jenes Teils des Bürgertums, das die Weimarer Republik ablehnt oder gar vehement bekämpft. Die Übertragung der Macht an die Nazis und das damit einhergehende „Führerprinzip“ kommen Arthur Menge entgegen. Mitglied der NSDAP muss er nicht werden; die Nazis halten auch so ihre schützende Hand über den nützlichen Mitgestalter, der nach der Devise handelt: „Ich brauche keine Ratsherren, mein Rat ist mir der liebste“.

In Arthur Menges Amtszeit fällt neben dem Bau des Maschsees und der Anlage des Hermann-Löns-Parks auch der Erwerb der Herrenhäuser Gärten, was ihm noch heute vielfach als persönliches Verdienst angerechnet wird. Für die Nazis hat Menge 1937 seine Schuldigkeit getan. Obwohl er sich bei den lokalen Nazi-Größen lieb Kind macht wird Menge nicht wiedergewählt und arbeitet fortan als juristischer Direktor der Kapital-Versicherungs-Anstalt Hannover.

Anfang 1943 schließt sich Arthur Menge auf Bitten des stockkonservativen ehemaligen Leipziger Oberbürgermeisters Carl Friedrich Goerdeler dem bürgerlichen Widerstand gegen Hitler an und macht sich Hoffnung, in der Nach-Hitler-Zeit mit einem Ministerposten belohnt zu werden. Tatsächlich haben ihn die Widerständler als „Politischen Beauftragten“ für die ehemaligen Provinz Hannover eingeplant . Am 21. Juli 1944 wird Arthur Menge verhaftet und am 28. Februar 1945 vom Volksgerichtshof zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt.

Nach seiner Befreiung aus dem Zuchthaus Brandenburg und der Rückkehr nach Hannover wird Arthur Menge am 28. November 1945 zum Vorsitzenden der Niedersächsischen Landespartei NLP gewählt, die die Nachfolge der Deutsch-Hannoverschen Partei antritt. Menges Amtszeit währt allerdings nur wenige Wochen, denn schon im Dezember desselben Jahres tritt er „aus gesundheitlichen Gründen“ zurück. Tatsächlich dürfte Menges Beteiligung an der so genannten „Aktion Dobbermann“ ausschlaggebend für seinen Rücktritt sein. Menge hat mit anderen bei der britischen Militärverwaltung den Vorschlag unterbreitet, das Gebiet des ehemaligen Königreiches Hannover aus dem Deutschen Reich herauszulösen und an Großbritannien anzuschließen. Das grenzt an „Hochverrat“.

Noch einmal versucht Arthur Menge im Nachkriegsdeutschland politisch Fuß zu fassen. 1953 kandidiert er erfolglos als Kandidat der Deutschen Partei DP für den Bundestag. Arthur Menge stirbt am 16. Mai 1965 im Zug auf der Rückreise von Ascona nach Hannover. Begraben ist Menge auf dem Engesohder Friedhof in Hannovers Südstadt.

Quellen:

Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.), Geschichte der Stadt Hannover
Klaus Mlynek, Waldemar R. Röhrbein (Hrsg.), Stadtlexikon Hannover

Foto: Arthur Menge bei der Flutung des Maschsees am 16. November 1935. Historisches Museum Hannover HAZ-Hauschild-Archiv


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