Im Stadtteil Bult führt die Bölschestraße, ausgehend vom Bischofsholer Damm zur Menschingstraße. Sie ist 1924 angelegt und nach dem Schriftsteller Wilhelm Bölsche benannt worden.

Wilhelm Bölsche

Wilhelm Bölsche 1908

Wilhelm Bölsche, den heutzutage außer Wissenschaftlern und bibliophil interessierten Menschen kaum noch jemand kennt, ist dennoch präsent: zu Land und in der Luft, auch wenn solche im weiten All zwischen Mars und Jupiter reichlich dünn sein dürfte. Seit 2001 ist der 1998 entdeckte Planetoid 17821 nach Bölsche benannt, seit 1931 ein Bergrücken in der Nähe seines letzten Wohnortes Oberschreiberhau im Riesengebirge. Die winzige, unbewohnte Bölscheinsel vor Spitzbergen dagegen ist nach Wilhelms Vater Carl benannt.

Der ist Redakteur in Köln und dort wird Wilhelm Bölsche am 2. Januar 1861 geboren. Wilhelm studiert zwischen 1883 und 1885 Philosophie, Kunstgeschichte und Archäologie in Bonn und Paris und geht ohne Abschluss nach Berlin, um dort, beeinflusst von Emile Zola, Schriftsteller zu werden. Zunächst ohne Erfolg. Sein zweibändiger Roman „Paulus“ aus der Zeit des Marcus Aurelius bleibt weitgehend unbeachtet. Von 1890 bis 1893 redigiert Wilhelm Bölsche die damals wichtigste kulturpolitische Zeitschrift Deutschlands „Freie Bühne“, die im Verlag des Samuel Fischer erscheint und später als „Neue Rundschau“ erfolgreich sein wird.

Die Zeitschrift ist dem Naturalismus verpflichtet. Das passt zu Bölsches Lebensauffassung, die den Menschen als Summe aus vielen mathematischen Gleichungen betrachtet. In seinem Buch „Die Naturwissenschaftlichen Grundlagen der Poesie“ schreibt Bölsche 1887: „Menschen fallen ins Gebiet der Naturwissenschaften. Ihre Leidenschaften, ihr Reagieren gegen äußere Umstände, das ganze Spiel ihrer Gedanken folgen gewissen Gesetzen, die der Forscher ergründet hat und die der Dichter bei freiem Experimente so gut zu beobachten hat, wie der Chemiker, wenn er etwas Vernünftiges und keinen Mischmasch herstellen will“.

Bölsche versucht 1888 eine ästhetisch-kritische Analyse der Werke Heinrich Heines, bemüht sich1900, Goethe für das 20. Jahrhundert auszulegen und gibt 1902 Wielands und ein Jahr später Novalis Werke heraus. Bölsches publizistische LIebe allerdings gilt den Naturwissenschaften, obwohl er auf diesem Wissensgebiet Laie ist. Aber Bölsche besitzt die Fähigkeit komplizierte naturwissenschaftliche Zusammenhänge für andere Laien nachvollziehbar darzustellen. Dabei macht er vor keiner Epoche halt, bewegt sich „Vom Bazillus zum Affenmenschen“, vollzieht kosmische Interpretationen „Von Sonnen und Sonnenstäubchen“, sucht die tropische Eiszeit und deutet 1931 den „Termitenstaat“.

Zu nachhaltigem Ruhm gelangt Wilhelm Bölsche 1898 mit dem Buch „Das Liebesleben in der Natur“, das bis zu seinem Tod am 31. August 1939 in über 90 Auflagen erscheint. Dieses Buch begründet Bölsches Ruf als erster deutscher Sachbuchautor. Wilhelm Bölsche, der Mitglied der Freireligiösen Gemeinde und des Monistenbundes ist, wird 1905 Mitglied der „Gesellschaft für Rassenhygiene“, der es lange vor den Nazis um die biologische Verbesserung der Menschen geht. Das passt in das naturalistische Weltbild des Wilhelm Bölsche, für den Menschen - fern jeglicher Emotionen - vor allem Rechengrößen sind.

Wilhelm Bölsche. Foto: Nicola Perscheid, 1908


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