Genau genommen gehört die Culemannstraße nicht zur Südstadt, aber sie nimmt dort ihren Ausgang am Kurt-Schwitters-Platz. Von dort aus führt sie am Maschpark entlang bis zur großen Kreuzung am Ende des Friedrichswalls. Benannt ist sie seit 1925 nach dem Hannoverschen Druckereibesitzer, Sammler und Mäzen Friedrich Culemann.

Friedrich Culemann

Am Nikolaustag des Jahres 1983 kam es im Londoner Auktionshaus Sotheby‘s zur bislang teuersten Behandlung eines Gedächtnisverlustes. Für 32,5 Millionen Mark ersteigerte eine Bietergruppe, bestehend aus der Bundesrepublik Deutschland, den Ländern Bayern und Niedersachsen und der „Stiftung Preußischer Kulturbesitz“ das „Evangeliar Heinrichs des Löwen“, um es als nationales Kulturgut zu sichern. Dieses Stück aus dem subventionspolitischen Tollhaus hatte seinen Ausgang in der Mitte des 19. Jahrhunderts. 1861 entdeckte der Hannoversche Druckereibesitzer und Büchersammler Friedrich Culemann in Prag das verschollen geglaubte Evangeliar und schenkte das welfische Erbstück dem Hannoverschen König Georg V.. Wie das teure Stück aus dem Besitz des Welfenhauses auf die Auktionsliste des Hauses Sotheby‘s gelangen konnte und wer in den Genuss des aus Steuermitteln finanzierten Auktionserlöses kam, ist bis heute ein Geheimnis, das nur das „Haus Hannover“ auflösen könnte, wenn es denn wollte. Mit dem Hauses Sotheby‘s pflegten übrigens nicht nur die Welfen gute geschäftliche Beziehungen. Der Vermittler des Evangeliars, Friedrich Culemann ließ 1870 sein „Bibliotheca Typographica“ versteigern.

Friedrich Georg Hermann Culemann wird am 25. August 1811 in Hannover als Sohn des Buchdruckers und Buchhändlers Friedrich Bernhard Culemann geboren. Der Junior besucht das Gymnasium und absolviert danach eine kaufmännische Ausbildung. Bereits 1836 übernimmt Friedrich Culemann den väterlichen Betrieb, der über die Grenzen des Königreiches Hannover hinaus von Bedeutung ist. Seit 1826 druckt Culemann die von der Hahnschen Verlagsbuchhandlung herausgegebenen „Monumenta Germaniae Historica“. Dank seiner guten Beziehungen zum Königshaus kann Friedrich Culemann seinen Betrieb zur führenden Druckerei im Königreich Hannover ausbauen, die sich mit dem Beinamen „Welfendruckerei“ schmücken darf. 1850 werden dort die ersten Briefmarken des Königreiches Hannover gedruckt. 1854 kauft Friedrich Culemann die „Hannoverschen Anzeigen“ und vereint sie mit der hauseigenen „Hannöverschen Zeitung“ zur königstreuen „Neuen Hannoverschen Zeitung“.

Friedrich Culemann ist ein manischer Sammler. Neben Büchern unterschiedlicher Provenienz trägt Culemann mittelalterliche Skulpturen, Tafelbilder, Münzen, Medaillen und Inkunabeln zusammen, von denen besonders die „Reineke Fuchs Blätter“ niederländischer Herkunft von Bedeutung sind für die Entstehungsgeschichte der Fabel vom schlauen Fuchs.

1844 wird der Politiker Friedrich Culemann zum Senatoren und Schuldezernenten seiner Heimatstadt Hannover ernannt. In seine Amtszeit fällt die Entscheidung, auf dem Georgsplatz ein Schulgebäude für das Realgymnasium und das Ratsgymnasium errichten zu lassen. Culemanns Amtszeit endet erst mit seinem Tod am 6. Dezember 1886.

Bereits ein Jahr nach Culemanns Tod erwirbt die Stadt Hannover dessen Sammlung und bringt sie mit August Kestners Sammlung als Grundbestand in das Kestner-Museum ein. Der größte Teil des Culemannschen Bücherbestandes wird wenig später an die Stadtbibliothek abgegeben. Ausgezeichnet mit der „Großen Goldenen Medaille für Kunst und Wissenschaft“ und dem „Guelphenorden“ gilt Friedrich Culemann zurecht als einer der bedeutendsten Hannoveraner des 19. Jahrhunderts. Friedrich Culemann ist auf dem Stadtfriedhof Engesohde begraben.


Hier geht es zurück zur Übersicht

36. Osterfeuer der SPD Südstadt-Bult