Ausgehend von der Torstraße führt die Mommsenstraße in Richtung Süden, überquert die Geibelstraße und endet „An der Bismarckschule“. Benannt ist sie nach dem Juristen und Althistoriker und Nobelpreisträger Theodor Mommsen.

Theodor Mommsen

Bildnis Mommsen, Stich von Louis Jacoby, 1865

Christian Matthias Theodor Mommsen wird am 30. November 1817 in Garding auf der Halbinsel Eiderstedt im Herzogtum Schleswig geboren. 1821 zieht die Familie — der Vater ist Pfarrer — nach Oldesloe um. Theodor Mommsen wird, wie seine fünf Geschwister, streng evangelisch erzogen. Nach anfänglichem Privatunterricht besucht Theodor Mommsen ab Oktober 1834 das Gymnasium Christianeum in Altona. 1838 beginnt er ein Jurastudium an der Universität Kiel, wo er sich mit einem anderen Jurastudenten, dem späteren Dichter Theodor Storm, anfreundet, mit dem er sich zeitweise sogar die Wohnung teilt. Die beiden Jurastudenten geben gemeinsam mit Theodor Mommsens jüngerem Bruder Tycho 1843 das „Liederbuch dreier Freunde“ heraus, das von der Kritik durchaus wohlwollend zur Kenntnis genommen wird. Im selben Jahr wird Theodor Mommsen zum Dr. jur. promoviert. Mommsens wissenschaftliche Laufbahn beginnt holperig. Bevor er im Herbst des Revolutionsjahres 1848 zum außerordentlichen Professor für Rechtswissenschaft nach Leipzig berufen wird, muss Theodor Mommsen seinen Lebensunterhalt als Aushilfslehrer, Journalist und Kriegsberichterstatter verdienen. 1844 kann er mit Hilfe eines dänischen Stipendiums Frankreich und vor allen Italien besuchen. Dort findet er sein künftiges Betätigungsfeld: die altrömische Geschichte.

Theodor Mommsens Tätigkeit in Leipzig ist von kurzer Dauer. Wegen seiner Beteiligung am sächsischen Maiaufstand 1849 wird er vor Gericht gestellt und 1851 aus dem Hochschuldienst entlassen. Es folgen ein kurzes Intermezzo als Professor für „Römisches Recht“ in Zürich, eine Berufung nach Breslau, eine Forschungsprofessur an der „Preußischen Akademie der Wissenschaften“ in Berlin und schließlich dortselbst 1861 die Berufung auf den Lehrstuhl für römische Altertumskunde an der „Friedrich-Wilhelms-Universität“, wobei die Lehre für ihn eher lästig ist. Zeitzeugen beschreiben Theodor Mommsen als schlechten und herrischen Dozenten. Einzig Max Weber scheint seine Gnade gefunden zu haben, denn anlässlich dessen Promotion zum Dr. jur. erklärt Mommsen: „Sohn, da hast Du meinen Speer, meinem Arm wird er zu schwer.“ Da hat sich der solchermaßen Gelobte aber schon von seinem akademischen Lehrer emanzipiert. Max Weber wird zum Begründer der Soziologe.

Theodor Mommsens Forschungsarbeit kann zu Recht als „monumental“ bezeichnet werden. Belegt sind über 1500 Studien und wissenschaftliche Abhandlungen. Sein bedeutendstes Werk verfasst er zwischen 1854 und 1856: die dreibändige „Römische Geschichte“, die für Jahrzehnte zum Stand der Forschung wird. Sie gilt bereits als Klassiker, als Theodor Mommsen wegen der literarischen Qualität des Werkes 1902 als erster Deutscher den Nobelpreis für Literatur zugesprochen bekommt. Weitere Werke Mommsens behandeln das „Römische Staatsrecht“, das „Römische Strafrecht“ und die 16bändige „Sammlung aller bekannten Lateinischen Inschriften mit dem Titel ‚Corpus Inscriptionum Latinarum'“.

Theodor Mommsen ist sein Leben lang ein politisch aktiver Mensch. Von 1863 bis 1866 und noch einmal von 1873 bis 1879 ist er als „Liberaler“ Abgeordneter des preußischen Landtages und von 1881 bis 1884 sitzt er im Reichstag, in dem er nach Streitigkeiten mit Otto von Bismarck den Liberalen ein Zusammengehen mit der Sozialdemokratie empfiehlt. Gesellschaftspolitisch positioniert sich Theodor Mommsen im „Berliner Antisemitismusstreit“ als Antipode zu seinem Historikerkollegen Heinrich von Treitschke, der 1879 in einer Streitschrift den verheerenden Satz geprägt hatte: „Die Juden sind unser Unglück“. Für Theodor Mommsen hat Treitschke damit den Antisemitismus salonfähig gemacht. In der Folge wird Mommsen 1890 zum Mitgründer des „Vereins zur Abwehr des Antisemitismus“.

Hochgeehrt — er ist Mitglied der „American Academy of Arts and Sciences“, Ehrenbürger Roms und Träger des Ordens „Pour le Mérite für Wissenschaften und Künste“ — stirbt Theodor Mommsen am 1. November 1903 in Berlin-Charlottenburg. Mommsen kann als Urvater einer historischen Dynastie angesehen werden, denn seine Enkel Wilhelm Mommsen und Theodor E. Mommsen und seine Urenkel Hans Mommsen und Wolfgang J. Mommsen gelten in ihrer jeweiligen Zeit als bedeutende Historiker. Sein Ururenkel Oliver Mommsen dagegen machte als „Kommissar Stedefreund“ im Bremer „Tatort“ auf sich aufmerksam


Bildnis Mommsen, Stich von Louis Jacoby, 1865

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