Im Stadtteil Bult führt die Rimpaustraße in westlicher Richtung von der Menschingstraße bis zur Max-Eyth-Straße. Benannt ist sie seit 1931 entweder nach dem Begründer der Moordammkultur Theodor Hermann Rimpau oder nach seinem Neffen, dem Vater der modernen Pflanzenzüchtung, Wilhelm Rimpau.

Rimpau

Ausweislich des Adressbuches von 1932 ist die Rimpaustraße „nach dem bedeutenden Förderer der Landwirtschaft“ angelegt worden. So beschreibt es der Chronist der Straßennamen der Landeshauptstadt Hannover, Helmut Zimmermann. Auch er hat nicht herausfinden können, welcher Rimpau wohl seinerzeit gemeint war.

Theodor Hermann Rimpau

Theodor Hermann Rimpau wird am 12. Januar 1822 in Braunschweig als Sohn einer wohlhabenden Landwirts- und Kaufmannsfamilie geboren. Nach dem Besuch des Realgymnasiums, der heutigen Neuen Oberschule, schreibt sich Rimpau am Collegium Carolinum, der heutigen Technischen Universität Braunschweig ein. Theodor Hermann Rimpau absolviert eine landwirtschaftliche Lehre, reist nach Holland, Belgien, England und Schottland und studiert anschließend an der landwirtschaftlichen Akademie Hohenheim. 1847 kauft er im Drömling in der südlichen Altmark das 6.400 Morgen umfassende Gut Kunrau und macht sich daran, die Moorlandschaft nach wissenschaftlichen Methoden und mit seinen Erfahrungen aus anderen moorigen Ländern zu kultivieren. Zur Entwässerung der Böden lässt Rimpau in Abständen von 25 Metern Entwässerungsgräben ziehen, den Aushub auf die dazwischen liegen Felder verteilen und mit Sand und Düngemitteln anreichern. Dieses Prinzip ist als Rimpausche Moordammkultur in die Landwirtschaftsgeschichte eingegangen. Ab 1862 entstand so im Drömling ein Binnenkanalsystem, das noch heute erkennbar ist. Die Gräben haben eine Länge von geschätzt 1.300 Kilometern und deshalb wird der Drömling auch als das „Land der tausend Gräben“ bezeichnet. Sogar die Planer des Mittellandkanals, der zwischen Wolfsburg und Haldensleben am Drömling entlangführt, haben sich an den Vorschlägen Theodor Hermann Rimpaus orientiert. 1867 veröffentlicht Rimpau „Vorschläge zur Kultur des Moorbodens“. Die von Theodor Hermann Rimpau kultivierten Flächen sind heute weitgehend der Bewirtschaftung entzogen, da sie in Naturschutzgebieten liegen. Rimpau stirbt am 5. August 1888 in Kunrau.

Wilhelm Rimpau

Arnold Diedrich Wilhelm Rimpau wird am 29. August 1842 in Schlanstedt am Huy als erster Sohn einer Landwirtsfamilie geboren. Rimpau absolviert das Obergymnasium in Braunschweig, das heutige Martino-Katharineum. Im Anschluss daran durchläuft er eine landwirtschaftliche Lehre auf der Domäne Liebenburg im Harzvorland. Von 1861 bis 1863 studiert Wilhelm Rimpau an der Königlich Landwirtschaftlichen Akademie in Bonn, das er durch ein Anschluss-Studium in Berlin und eine ausgedehnte Studienreise nach England ergänzt.

1865 übernimmt Rimpau für seinen Vater die Bewirtschaftung der Domäne Schlanstedt, deren Mitpächter er wenige Jahre später wird. Zu dieser Zeit beginnt er mit ersten Versuchen der Getreidezüchtung, muss aber feststellen, das er dazu nicht genügend Kenntnisse im Bereich der Blütenbiologie hat. Gut eineinhalb Jahrzehnte experimentiert Rimpau auf diesem Gebiet und korrespondiert neben Anderen auch mit Charles Darwin. 1882 kann Rimpau die Ergebnisse seiner Kreuzungsexperimente veröffentlichen, in denen er — ohne es zu ahnen — die Mendelschen Vererbungsgesetze anwandte.

Als erstem in Deutschland gelingt es Wilhelm Rimpau 1889 eine durch Kombinationszüchtung geschaffene Winterweizensorte in den Großanbau zu bringen. Ein Jahr zuvor war es ihm gelungen eine fruchtbare Kreuzung aus Weizen und Roggen zu züchten, die den biologischen Namen „Triticosecale Rimpaui Wittmack“ erhält. Nicht zuletzt dieser Züchtung wegen verleiht ihm die Universität Halle 1894 die Ehrendoktorwürde.

Wilhelm Rimpau, der als „Vater der deutschen Pflanzenzüchtung“ gepriesen wird, erwirbt sich auch auf anderen Gebieten Verdienste um die Modernisierung der Landwirtschaft. Als erster Deutscher setzt Rimpau auf der Domäne Schlanstedt 1869 einen Dampfflug der englischen Firma John Fowler ein, was einer landwirtschaftlichen Revolution gleichkommt. Gemeinsam mit Max Eyth und anderen fortschrittlichen Agronomen entwickelt Wilhelm Rimpau ab 1883 die Idee für die Gründung der Deutschen Landwirtschaftsgesellschaft (DLG). Bald nach deren Gründung übernimmt Rimpau 1886 in der DLG den Vorsitz der Saatgutabteilung. Wilhelm Rimpau, zu dessen Gedenken die DLG einen Ehrenpreis verleiht, stirbt am 20. Mai 1903 in Woltersdorf im damaligen Pommern.

Da die Rimpaustraße im Stadtteil Bult im gleichen Jahr benannt worden ist wie die Max-Eyth-Straße, liegt die Vermutung nahe, dass es sich bei „dem bedeutenden Förderer der Landwirtschaft“ um Wilhelm Rimpau gehandelt hat.


Abbildungen
Theodor Hermann Rimpau, Fotograf unbekannt. Quelle: Museums- und Heimatverein Brome.
Wilhelm Rimpau, Fotograf unbekannt. Quelle. Landesarchiv Sachsen-Anhalt.

36. Osterfeuer der SPD Südstadt-Bult