Im Stadtteil Bult biegt die Röpkestraße gleich zweimal in östlicher Richtung von der Seligmannallee ab. Am Gebäude der Regionaldirektion der Bundesanstalt für Arbeit vereint sich die Röpkestraße und endet dann auf dem Gewerbegebiet „Alter Schlachthof“. Benannt ist die Straße seit 1967 nach dem Wirtschaftswissenschaftler Wilhelm Röpke.

Wilhelm Röpke, Foto von 1950

Wilhelm Röpke

Geboren wird Wilhelm Röpke am 10. Oktober 1899 in Schwarmstedt, wo er in einer liberalen Landarztfamilie aufwächst. Nach dem Abitur, das er 1917 am Athenaeum in Stade ablegt, studiert Wilhelm Röpke zunächst Rechts- und Staatswissenschaft in Göttingen. 1918 zieht er im „letzten Aufgebot“ für einige Wochen in den längst verlorenen Weltkrieg, was bleibende Eindrücke hinterlässt. Sein Leben lang ist er Kriegsgegner und Antimilitarist. 1918 wechselt Wilhelm Röpke zum Studium der Nationalökonomie zunächst nach Tübingen und schließlich nach Marburg, wo er bereits 1921 mit Auszeichnung bei dem seinerzeit führenden Ökonomen Walter Troeltsch promoviert wird. Im Jahr darauf folgt die Habilitation und damit die Lehrberechtigung für eine Universität. Bereits 1924 erhält Wilhelm Röpke einen Ruf an die Universität Jena und wird jüngster außerordentlicher Professor in Deutschland.

Nach einem Aufenthalt in den USA als Gastprofessor der Rockefeller-Stiftung erhält Wilhelm Röpke 1928 einen Ruf an die Universität Graz und 1929 einen Ruf an die Universität Marburg, wo er bis 1933 als Ordinarius für politische Ökonomie tätig ist. Schon früh positioniert sich Röpke als entschiedener Nazi-Gegner. So verteilt er zur Reichstagswahl im September 1930 Flugblätter in seiner Heimatgemeinde, in denen er als „Sohn Niedersachsens“ die Nazis als „Feinde der Bauern“ bezeichnet, die „wenig Federlesens“ machen werden, wenn sie erst einmal zur Macht gelangt seien. Und er warnte potenzielle Nazi-Wähler*innen mit den Worten, niemand solle später behaupten, nicht gewusst zu haben, was daraus entstehen könnte. Nachdem er eine nazikritische Begräbnisrede für seinen am 23. Februar 1933 gestorbenen akademischen Lehrer Walter Troeltsch gehalten hat, wird Wilhelm Röpke im April desselben Jahres als Professor in Marburg beurlaubt.

Wenig später verlässt Wilhelm Röpke Deutschland und nimmt einen Ruf an die Universität Istanbul an. Dort verfasst er zwar sein erfolgreichstes Buch „Die Lehre von der Wirtschaft“, vermisst aber die Resonanz aus dem deutschsprachigen Raum. Dazu ist die deutsche Exilgemeinde in der Türkei zu klein. 1937 kehrt Röpke in den deutschsprachigen Raum zurück und wird Professor für internationale Wirtschaftsfragen am „Institut des Hautes Etudes Internationales“ in Genf. Gleichzeitig betätigt sich Wilhelm Röpke als ständiger Mitarbeiter der „Neuen Zürcher Zeitung“, der einzigen deutschsprachigen Tageszeitung von internationaler Bedeutung. Noch vor der Befreiung Deutschland von der Nazi-Herrschaft veröffentlicht Röpke im Frühjahr 1945 eine Studie mit dem Titel „Die deutsche Frage“, in der er die sich anbahnende Blockbildung thematisiert und für die Westbindung eines noch zu schaffenden westdeutschen Teilstaates plädiert.

Als etablierter Wirtschaftswissenschaftler und führender politischer Publizist gehört Wilhelm Röpke in den Anfangsjahren der Bundesrepublik Deutschland zu den wichtigen Ratgebern von Konrad Adenauer und Ludwig Erhard. Dabei plädiert Röpke für einen „ökonomischen Humanismus“, den er selbst als „dritten Weg“ zwischen Staatssozialismus und Kartellkapitalismus beschreibt. Als Gegner jeglicher „Vermassung“ spricht er sich gegen ungezügelten Konsum und die Massenmotorisierung aus, was ihn zeitweise von seinem Freund Ludwig Erhard entfremdet. Seine Unterstützung des Apartheid-Regimes in Südafrika weist ihn als konservativ reaktionären Neoliberalen aus. 1953 ehrt die Bundesrepublik Deutschland Wilhelm Röpke mit dem Großen Verdienstkreuz, zu dem er 1964 noch den Stern verliehen bekommt. Zu dieser Zeit ist er zwar hochgeehrt, aber politisch weitgehend einflusslos.

Wilhelm Röpke stirbt am 12. März 1966 in Genf an den Folgen eines Herzanfalls. Seine Heimatstadt Schwarmstedt ehrt ihren großen Sohn mit der Benennung der Kooperativen Gesamtschule und in Erfurt ist seit 2007 eine Wirtschaftsforschungsinstitut nach Wilhelm Röpke benannt.



Wilhelm Röpke, Foto von 1950, Quelle: Ludwig von Mises Institut


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