Von der Hildesheimer Straße ausgehend läuft die Yvonne-Georgi-Allee auf den Haupteingang des Stadtfriedhofes Engesohde zu und endet an der Orli-Wald-Allee. Benannt ist sie seit 2003 nach der Tänzerin und Choreografin Yvonne Georgi.

Yvonne Georgi

Yvonne Georgi

Im Herbst 1926 wird eine knapp 23jährige Tänzerin von den Städtischen Bühnen Hannover als Tanzmeisterin engagiert. Da kann sie bereits auf eine beachtliche Karriere als Solotänzerin und Choreografin zurückblicken. Yvonne Georgi heißt das „Wunderkind“. Geboren wird die Tänzerin „per Zufall“ am 29. Oktober 1903 in Leipzig als Tochter eines Arztes und einer aus Algerien stammenden Französin.

Anders als viele gleichaltrige Mädchen ihrer Herkunft erhält Yvonne Georgi keinen Tanzunterricht. Nach ihrem Schulabschluss beginnt sie eine an der „Deutschen Bibliothek“ in Leipzig eine Ausbildung zur Bibliothekarin. Ihr tänzerisches Talent zeigt Yvonne Georgi zum ersten Mal bei einer spontanen Pantomimenaufführung im Hause einer Freundin. Parallel zur ihrer Berufsausbildung lässt sich Yvonne Georgi zur Tänzerin ausbilden und spürt bald, dass der Tanz ihre Berufung ist.

Sie bricht ihre Ausbildung zur Bibliothekarin ab und geht nach Hellerau bei Dresden, um sich an der „Dalcroze-Schule“ in rhythmischer Gymnastik unterweisen zu lassen. Das befriedigt sie nicht und so wechselt Yvonne Georgi Anfang 1921 an die Schule von Mary Wigman nach Dresden, wo sie nach wenigen Monaten zur Meisterschülerin aufsteigt. Schon im Herbst 1921 tourt Yvonne Georgi mit der Wigman-Tanzgruppe durch Deutschland. Im Alter von 19 Jahren startet sie ihre beispiellose Karriere als Solo-Tänzerin. Die Presse rühmt ihre „ungewöhnliche Triebhaftigkeit“. Gemeinsam mit Gret Palucca, einer weiteren Wigman-Schülerin, tourt Yvonne Georgi ab Herbst 1923 erfolgreich durch deutsche Städte.

Ihre Solo-Tätigkeit lässt sich nicht mehr mit dem Engagement in der Tanzgruppe von Mary Wigman vereinbaren und so beschließt Yvonne Georgi, künftig nur noch solistisch tätig zu sein und sich der musikalischen Moderne zu widmen. Komponisten wie Ernst Krenek, Bela Bartok, Francis Poulenc und Paul Hindemith gehören zu ihrem bevorzugten Repertoire. 1924 lernt Yvonne Georgi den Solo-Tänzer der Berliner Staatsoper, Harald Kreutzberg, kennen, mit dem fast ein Jahrzehnt lang eng zusammenarbeitet.

Mit Beginn der Spielzeit 1925/26 wird Yvonne Georgi als Ballettmeisterin an das „Reußische Theater“ in Gera berufen, wo sie mit ihrer modernen, expressiven Tanz-Auffassung nur wenig Anklang findet. Zum Ende der Spielzeit wird die gesamte Tanztruppe „gefeuert“. Yvonne Georgis Karriere tut dies keinen Abbruch. Sie geht mit ihrer Tanztruppe nach Hannover wird Tanzmeisterin an den Städtischen Bühnen. In Hannover eröffnet sie im Oktober 1926 ihre erste eigene Tanzschule, in der sie den Nachwuchs für ihre Tanztruppe ausbildet. Georgis erste Inszenierung in Hannover sind die beiden Strawinsky-Ballette „Pulcinella“ und “Petruschka“. Die männliche Hauptrolle übernimmt Harald Kreutzberg.

Mit dem Ende der Spielzeit 1931/32 wird Yvonne Georgis Tanztruppe „weggespart“. Sie geht nach Amsterdam, heiratet Louis Arntzenius, den Feuilleton-Chef der Zeitung „Telegraaf“, und nimmt die niederländische Staatsbürgerschaft an. Mit Hannover bleibt sie dennoch verbunden. Ab 1933 arbeitet Yvonne Georgi jeweils mit Halbjahresverträgen als Ballettmeisterin in Hannover, muss sich aber musikalisch umorientieren, denn die von ihr bevorzugten Komponisten gelten unter den Nazis als „entartet“.

1936 macht Yvonne Georgi Amsterdam zu ihrem Arbeits- und Lebensmittelpunkt, gründet eine neue Tanztruppe und widmet sich jungen niederländischen Komponisten. Als Nazi-Deutschland 1940 in den Niederlanden einmarschiert, muss sich Yvonne Georgi anpassen, um ihre Tanztruppe halten zu können. Sie gibt in Deutschland acht Vorstellungen für die Nazi-Organisation „Kraft durch Freude“. Das kostet sie nach Kriegsende ihren Job als Leiterin des Balletts. Yvonne Georgi geht zunächst nach Paris, wo sie als Choreografin für den Film arbeitet und ihre Fähigkeiten im Spitzentanz vervollkommnet.

1951 kehrt Yvonne Georgi nach Deutschland zurück und übernimmt die Leitung der „Abraxas-Kompanie“, die mit einer berühmt-berüchtigten, aber letztlich erfolglosen Faust-Adaptation von Werner Egk durch Deutschland tourt. Mit Beginn der Spielzeit 1951/52 übernimmt Yvonne Georgi die Oberleitung des Balletts am Düsseldorfer Opernhaus, scheitert aber an den dortigen Publikumserwartungen.

1954 kehrt Yvonne Georgi in die Stadt ihrer größten Erfolge zurück und wird Ballettmeisterin am Landestheater in Hannover. Gleichzeitig wird sie Leiterin der Tanzabteilung an der Hochschule für Musik und Theater. In Hannover kann Yvonne Georgi ihren kreativen Kräften wieder freien Raum gewähren. 1957 überrascht sie mit Choreografien zu elektronischer Musik und wird belohnt. Das Publikum reagiert begeistert. 1959 wird Yvonne Georgi zur Professorin an der Hochschule für Musik und Theater ernannt. 1970 endet ihr festes Engagement am Staatstheater in Hannover. Sie lehrt aber weiterhin an der Hochschule. Ihr letztes großes Werk mit dem Titel „Skorpion“ wird 1973 zum biografischen Vermächtnis. Yvonne Georgi stirbt am 25. Januar 1975 und wird auf dem Engesohder Stadtfriedhof beigesetzt, auf dessen Eingangsgebäude seit 2003 die Yvonne-Georgi-Allee zuläuft.


Yvonne Georgi Foto: Bart de Kok


Hier geht es zurück zur Übersicht

36. Osterfeuer der SPD Südstadt-Bult