Die kleine Zwinglistraße führt — östlich der Sallstraße gelegen — in nördlicher Richtung von der Lutherstraße bis zur Rautenstraße. Benannt ist sie seit 1909 nach dem Schweizer Reformator Ulrich Zwingli.

Ulrich Zwingli

Ulrich Zwingli | Gemälde von Hans Asper, etwa 1549

Fünf Jahre nachdem Martin Luther seine 95 Thesen an die Tür der Schlosskirche in Wittenberg genagelt haben soll, beginnt die Reformation auch in der Schweiz, allerdings mit einer sehr weltlichen Provokation. Am 9. März 1522 lädt der Zürcher Drucker Christoph Froschauer zum Wurstessen ein und damit zum Bruch der österlichen Fastenvorschriften. Er folgt damit den Predigten des Ulrich Zwingli und damit der strikten Orientierung an Jesus Christus und der Bibel und der Abkehr von kirchlichen Vorschriften.

Ulrich Zwingli wird am 1. Januar 1484 in Wildhaus in der Schweiz als drittes Kind des Bauern und Amtmanns Johann Ulrich Zwingli und der Margaretha Bruggmann geboren. Als Sechsjähriger zieht Ulrich Zwingli als Schüler zu seinem Onkel, dem Dekan Bartholomäus Zwingli. Seine Bildung darf er an den Lateinschulen in Basel und Bern fortsetzen.

1498 verlässt Ulrich Zwingli die Schweiz und schreibt sich an der Artistenfakultät der Universität Wien ein, um die „Sieben freien Künste“ zu studieren. 1502 geht Zwingli in die Schweiz zurück und studiert bis 1506 Theologie an der Universität Basel, ohne jedoch einen Abschluss zu erreichen. Immerhin beendet er sein Studium der „Sieben freien Künste“ als „Magister artiium“.

1506 wird Ulrich Zwingli zum Priester geweiht und ein Jahr später, am 21. September 1507, in sein Amt als Pfarrer in Glarus eingeführt. Neben seiner Tätigkeit als Seelsorger in Glarus betätigt sich Ulrich Zwingli auch als Feldprediger und nimmt von 1512 bis 1515 an den „Kriegen der Heiligen Liga“ gegen Frankreich teil. Zwingli ist zu dieser Zeit strikter „Papist“ Das zahlt sich für ihn nicht aus, denn die Franzosen haben nach der Schlacht von Marginano das Sagen in der Schweiz.

Zwingli muss seine Pfarrei in Glarus verlassen und wird beurlaubt, darf aber als Prediger am Kloster „Maria-Einsiedeln“ arbeiten. Dort beginnt er, gegen Wallfahrten und gegen den Ablasshandel zu predigen und setzt sich damit von der herrschenden Kirchenmeinung ab. Zum 1. Januar 1519 beruft die Zürcher Regierung Ulrich Zwingli als Priester an das bedeutende „Grossmünsterstift“ in Zürich. Ein Jahr später weist die Zürcher Obrigkeit alle Prediger in ihrem Einflussgebiet an, das Evangelium gemäß den Auslegungen des Ulrich Zwingli zu predigen.

1522 hat sich Ulrich Zwingli soweit von der päpstlichen Lehre entfernt, dass er es wagt, eine Schrift gegen das Fasten zu veröffentlichen, die der Drucker Christoph Froschauer nach Ostern desselben Jahren veröffentlicht. Zwingli setzt die Freiheit der Menschen gegen die bischöflichen Verbote von Wein und Fleisch und erklärt einzig die Worte und Taten Christi für verbindlich. Das erzürnt den Bischof von Konstanz, in dessen Amtsbereich Zürich liegt, und er verklagt Zwingli vor dem Zürcher Rat wegen Ketzerei. 1523 und 1524 muss sich Ulrich Zwingli in drei „Disputationen“ gegen den Vorwurf der Ketzerei zur Wehr setzen und obsiegt jedes Mal.

Die drei „Zürcher Disputationen“ können als Auslöser einer schrittweisen Revolution angesehen werden, in deren Verlauf nicht nur die Religion auf den Kopf gestellt wird. Die Sittengesetze und das Schulwesen werden in Zürich radikal geändert, Bilder per Dekret aus den Gotteshäusern entfernt und die „Heilige Messe“ wird abgeschafft. In diesem Zusammenhang fällt auch das Gebot des Zölibats. Am 19. April 1524 heiratet Ulrich Zwingli seine langjährige Freundin Anna Reinhart.

Zwischen 1524 und 1529 übersetzt Ulrich Zwingli gemeinsam mit dem aus dem Elsass stammenden Reformator Leo Jud die Bibel in die eidgenössische Kanzleisprache. Die „Zürcher Bibel“ gilt —fünf Jahre vor Luthers Bibelübersetzung — als älteste protestantische Gesamtübersetzung der Bibel.

Im Gegensatz zu Martin Luther versteht sich Ulrich Zwingli als politischer Protestant, der sich nicht scheut auch gegen Papst und Kaiser vorzugehen. Das geht Martin Luther denn doch zu weit. 1530 schmiedet Ulrich Zwingli mit „Philipp dem Großmütigen, dem Landgrafen von Hessen, den Plan, ein gegen die Herrschaft der Habsburger gerichtetes protestantisches Reich zu erreichten, das von der Adria bis zum Belt reichen sollte.

Das Vorhaben scheitert jedoch schon in der Schweiz an den katholischen Kantonen Luzern, Uri, Schwyz, Unterwalden und Zug. 1531 kommt es in der Eidgenossenschaft zum Religionskrieg, in dem die Zürcher unterliegen. Ulrich Zwingli, der an diesem Krieg teilnimmt, wird am 11. Oktober gefangen genommen und getötet. Sein Leichnam wird gevierteilt, verbrannt und in alle Winde verstreut. Erst 1885 wird Ulrich Zwingli in Zürich, der Stadt, die er und die ihn geprägt hat, mit einem Denkmal geehrt.


Ulrich Zwingli Gemälde von Hans Asper, etwa 1549


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