Rede von Bezirksbürgermeister Lothar Pollähne beim Neujahrsempfang des Stadtbezirksrates Südstadt-Bult am 17. Januar 2009
Meine Damen und Herren,
was Sie gerade eben gehört haben, war Kultur pur aus der Südstadt: „Hijo de la luna“, dargeboten vom Orchester der Wilhelm Raabe-Schule unter der Leitung von Minja Oltmann. Ich denke, die jungen Damen und Herren haben einen kleinen Extra-Applaus verdient.
Liebe Gäste aus der Südstadt und der Bult,
liebe Gäste aus dem Rest Hannovers und dem Rest der Welt,
ich begrüße Sie ganz herzlich zum Neujahrsempfang des Stadtbezirksrates Südstadt-Bult hier im Alten Magazin. Es ist mittlerweile zur guten Tradition geworden, das neue Jahr in der schönsten Empfangshalle der Südstadt zu beginnen. Dafür möchte ich mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Alten Magazins, die uns ihre Technik und ihr Wissen zur Verfügung stellen, bedanken.
Südstadt und Bult, manche von Ihnen werden das wissen, sind der theatralische Schwerpunkt der Landeshauptstadt. Nicht weniger als sieben ständig bespielte Bühnen und ein Konzertsaal befinden sich auf dem Gebiet unseres Stadtbezirks. Auf der Bult sind das, ein paar Schritte von hier entfernt, die Landesbühne und an der Brehmstraße das Merz-Theater. In der Südstadt liegen das Theater am Aegi, die Eisfabrik, die Hinterbühne und das Uhu-Theater, das seit dem vergangenen Jahr zu den zehn besten Kleinkunstbühnen Deutschlands gehört. Dazu kann ich wirklich nur sagen: Applaus, Applaus.
Kunst und Kultur haben in Hannover eine gute Adresse: den Stadtbezirk Südstadt-Bult. Dies ist sicherlich auch ein Grund dafür, daß unser Stadtbezirk mit seiner Attraktivität in der Landeshauptstadt ganz weit vorn liegt. Südstadt und Bult zeichnen sich durch ein hohes Maß an Lebensqualität aus, was die Menschen in unserem Stadtbezirk auch im vergangenen Jahr in der städtischen Umfrage bestätigt haben.
Meine Damen und Herren,
Südstadt und Bult sind angesagt. Gerade auch bei jungen Familien mit schulpflichtigen Kindern. Nirgendwo in Hannover ist das schulische Angebot so breit gefächert wie in unserem Stadtbezirk. Vier Grundschulen sorgen mit kurzen Wegen für die kurzen Beine für die Grundbildung. Weiterführend können wir in der Südstadt vier staatliche Gymnasien, die St. Ursula-Schule und die Waldorf-Schule, die Ludwig Windhorst-Schule und mit der Stresemann-Schule und der Heinrich Heine-Schule zwei Bildungsangebote im sogenannten mittleren Bildungsbereich anbieten. Die Heinrich Heine-Schule vereint dabei seit Jahren erfolgreich Haupt- und Realschule. Wie sie vielleicht der Zeitung entnommen haben, hat der Rat der Landeshauptstadt die Prüfung der Zusammenlegung von Stresemann- und Heinrich Heine-Schule in Auftrag gegeben. Ich möchte den Ergebnissen dieser Prüfung nicht vorgreifen, soviel jedoch möchte ich sagen: Ich kann mir gut vorstellen, daß eine Schule, die an einem Ort ein vielfältiges Qualifizierungsangebot vorhält, nachhaltig in den Stadbezirk hineinwirken kann. In diesem Zusammenhang möchte ich mir die Anmerkung erlauben, daß im Bildungsangebot des Stadtbezirks eine Schulform fehlt, die fast die Hälfte aller Grundschuleltern für ihre Kinder wünschen: Die Südstadt braucht eine Gesamtschule. Das ist zwar zur Zeit Zukunftsmusik, aber Zukunft ist das allemal.
Meine Damen und Herren,
Südstadt und Bult sind angesagt. Hier wird gebaut für Menschen, die hier gerne Wurzeln schlagen möchten. Im vergangenen Jahr ist Q-Artis fertig geworden. Das Quartier liegt mitten in der Südstadt und Meravis, ehemals der Reichsbund, hat damit Lücken geschlossen, die nach den Bombenangriffen auf Nazi-Deutschland in Hannover geschlagen waren. Mittlerweile ist dieses Quartier weit über die Grenzen der Landeshauptstadt hinaus zum Musterbeispiel städtebaulicher Innovation geworden. Ein weiteres wohnungsbauliches Großprojekt wird in diesem Jahr im Auftrag von Gartenheim an der Hildesheimer Straße fertiggestellt werden. An der Orli Wald-Allee, dem Engesohder Friedhof gegenüber entstehen Wohnbauten, die nach umweltverträglichen Prinzipien errichtet werden. Wo andere über mangelnde wohnungsbauliche Aktivitäten zu klagen haben, können wir in der Südstadt und der Bult sagen: Bei uns wird gebaut. Gundlach baut in der Großen Düwelstraße. Dahinter allerdings, das kann ich nicht verschweigen, beginnt städtebauliches Niemandsland. Seit ich in der Südstadt lebe, ist das Südbahnhofs-Gelände zur Gestrüppwüste geworden, und seitdem ich mich in diesem Stadtbezirk kommunalpolitisch betätige, sind alle Jahre wieder Bauherren aller Herrlichkeiten in den Medien präsentiert worden, die hernach nicht mehr aktiv werden wollten. Nun heißt es wieder einmal, demnächst werde dort Baubeginn sein. Das sollte mich und vor allem diejenigen, die dort investieren wollen, freuen. Zweifel bleiben für mich angebracht. Erst wenn auf dem ehemaligen Südbahnhof-Gelände der erste Bagger in den Boden beißt glaube ich, daß dort wirklich Umbau im Gange ist.
Leider hat der Stadtbezirksrat auf solche großen Entscheidungen kaum Einfluß. Deswegen können wir Entscheidungen, die beispielsweise die ehemalige Pädagogische Hochschule oder das Gelände der Tierärztlichen Hochschule betreffen kaum beeinflussen, auch wenn unser Stadtbezirk von entsprechenden strukturellen Entscheidungen betroffen sein wird. Es ist ein heftiges Manko, daß Stadtbezirke städteplanerisch abgearbeitet werden können, die politisch gewählten Gremien der Stadtbezirke aber so gut wie keinen Einfluß auf die Folgen dieser Planung haben. Hier gibt es, unabhängig von städteplanerischer Autonomie, kommunalpolitischen Handlungsbedarf. Stadtbezirksparlamente sind keine Erfüllungsgehilfen.
Auf kleinen Feldern haben wir in der jüngst vergangenen Zeit ein paar kleine Erfolge gehabt: Die Südstadt steht bei der Erneuerung der Stadtplätze gut da. Beschlossen, verkündet und bereits in Angriff genommen ist die Erneuerung des nördlichen Teiles des Stephansplatzes. Dort hat sich stadtbezirkliche Politik unter Einbeziehung neutraler Moderation mit allen Betroffenen einigen können, daß es in Zukunft eine schönen Platz, mehr Parkplätze und eine Flanierzone geben wird. Der kleine Fortsatz der Oesterleystraße vor dem ehemaligen Opel-Günther-Gebäude wird abgehängt. In den ehemaligen Verkaufsräumen des Auto-Hauses hat sich mittlerweile ein Restaurationsbetrieb etabliert, der an die Traditionen der Gründerjahre erinnert. Schon früher wurde dort gegessen und getrunken, demnächst soll dies auch im Freien der Fall sein, was die Offenheit der Südstadt unterstreicht. Hier wird offen miteinander umgegangen und wer zu Gaste kommt, ist herzlich willkommen.
Das erhoffen wir uns auch von einem Projekt, das in den vergangenen zwei Jahren manche Emotionen in der Südstadt in Wallung gebracht hat. Viele Menschen in unserem Stadtbezirk haben um ein Stadtteil- und Kulturzentrum gerungen, manche harten Worte sind gewechselt worden, ein runder Tisch hat fast ein Jahr lang Konzepte, Träume und Illusionen diskutiert und abgewogen und ist schließlich zu dem Ergebnis gekommen, daß es sinnvoll sei, in den kommenden drei Jahren das Kulturbüro Südstadt mit seinem Angebotspotential in den Räumen der Athanasius-Gemeinde anzusiedeln. Das ist, daraus mache ich keinen Hehl, nicht oder noch nicht das Stadtteil- und Kulturzentrum, aber es ist ein Ort, an dem in den kommenden Jahren ein solches Zentrum erarbeitet werden kann. Für manche Menschen mag das nicht das Haus aller Träume sein, für viele Menschen in der Südstadt und der Bult jedoch könnte es das Haus sein, in dem sich viele Träume demnächst verwirklichen lassen. Daß wir heute so weit gekommen sind, ist Ausfluß der politischen Willensbildung in unserem Stadtbezirk quer durch alle Fraktionen des Stadtbezirksrates. Das war für alle Beteiligten zeitweise kein geschmeidiges Unterfangen. Daß der Stadtbezirksrat in der kommenden Woche zum ersten Mal in den Räumen der Athanasius-Gemeinde tagen wird, ist Ausdruck des gemeinsamen Willens, in der Südstadt und für die Bult einen Ort der Begegnung zu schaffen. Wir haben drei Jahre Zeit. Wir sollten sie produktiv nutzen. Ich jedenfalls freue mich auf vorwärtsweisende Auseinandersetzungen.
Auseinandersetzungen hat es in den vergangenen Wochen um eine Tafel am Fuße eines Säulen-Eiligen gegeben. Der Stadtbezirksrat Südstadt -Bult hat vor geraumer Zeit mit großér Mehrheit entschieden, das Skulpturen-Ensemble am Maschsee mit erläuternden Hinweistafeln zu versehen. Es besteht weitgehende Eingigkeit darüber, daß es nötig ist zu erklären, wann, warum und wie der Maschsee ausgegraben worden ist und wie die Nazis dies mit pathetischen Plastiken gefeiert haben. Wir sind, meine Damen und Herren, keine Bilderstürmer, der Maschsee ist unser Binnenmeer und die Skulpturen sind unser Erbe unserer braunen Vergangenheit. Das zumindest sollte dargelegt werden, nicht zuletzt für Besucher aus Ländern, die unter Nazi-Okkupation zu leiden hatten. Geschichte hat in diesem Fall zwei Seiten. Man kann sie entweder leugnen, oder man muß beide Seiten offenbaren. Wir haben uns im Stadtbezirksrats Südstadt-Bult für die zweite Variante entschlossen.
Eine Auseinandersetzung hat mich im vergangenen Jahr besonders erfreut, weil sie im demokratischen Sinne positiv ausgegangen ist. Da hatten doch Schülerinnen und Schüler der Grundschule Bonner Straße den Vorschlag gemacht, den Kreuzungsbereich Stresemann Allee/Altenbekener Damm durch den Rückbau einer Rechtsabbiegerspur zu entschärfen, hatten diesen Vorschlag unter dem Beifall aller Mitglieder des Stadtbezirksrates vorgestellt und waren dann, krass gesagt, von der Verwaltung abgebürstet worden. Das haben wir uns nicht gefallen lassen. Die Verwaltung hat zurückgesteckt, und nun wird die Rechtsabbiegerspur zurückgebaut. Für die Kinder der Grundschule Bonner Straße heißt das: Es ist gut, wenn wir uns einmischen. Demokratie ist machbar, wenn wir sie in die eigenen Hände nehmen.
Meine Damen und Herren,
Hannovers Südstadt und Hannovers Bult sind nicht die Insel der Glückseligen in unserer Landeshauptstadt. Dazu gibt es zu viele Baustellen, an denen wir einzeln und gemeinsam in der kommenden Zeit tätig werden können. Ich möchte Sie einladen, an der Fortentwicklung unseres Stadtbezirks mitzuwirken, in Parteien, Vereinen und Verbänden. Es lohnt sich, auch wenn dies, wie dargestellt, manchmal nur kleine Erfolge zeitigt. Diese kleinen Erfolge zeigen über alle Grenzen hinaus, daß es sich lohnt, gemeinsam für unseren Stadtbezirk tätig zu werden.
Ich wünsche Ihnen allen recht antizyklisch und optimistisch einen guten Rest des mittlerweile schon reichlich verbrauchten Jahres 2009. Lassen Sie uns gemeinsam ein Glas auf die angestrebten Ziele erheben. Die Begleitmusik kommt vom Orchester der Wilhelm Raabe Schule und heißt schlicht und einfach „Music“.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit und Geduld.